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LAIRE/171: CCS-Test angelaufen - Green-Washing in Brandenburg (SB)


Neue Phase des Pilotversuchs zum Verpressen von Kohlendioxid


Nach dem Motto, wir sind nur Wissenschaftler und Ingenieure, wir betreiben Forschung, politisch können und wollen wir gar nichts entscheiden, wird zur Zeit in Brandenburg ein höchst umstrittener Versuch des Green-Washings der klimaschädlichen Kohlekraftwerke vorbereitet. Die Rede ist von der CCS-Technologie (CCS = Carbon Dioxide Capture and Storage), dem Abscheiden und Verbringen des Treibhausgases Kohlendioxid. Am Mittwoch fuhr der erste Tanklaster verflüssigtes CO2 aus dem Industriegebiet Schwarze Pumpe (Spree-Neiße) nach Ketzin ins Havelland. Dort sollen in rund 650 Metern Tiefe insgesamt 2000 Tonnen CO2 verpreßt werden.

CCS dient als Rettungsring der auf permanentes Wachstum gegründeten und dieses begründenden kapitalistischen Produktionsweise. Auch wenn Kohlekraftwerke klimamäßig dadurch "entschärft" werden können, daß ein Teil ihrer Abgase eingefangen und unter hohem Energieaufwand verflüssigt wird - wozu allerdings rechnerisch wiederum Kohlekraftwerke gebaut werden müssen - besteht die wichtigere, gesellschaftspolitische Funktion des Verfahrens darin, den Kapitalismus grün zu ummänteln.

Dieser Green New Deal hält folgende Vision für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2025 bereit: Statt hemmungslos klimaschädliche Gase in die Luft zu pusten, werden diese eingefangen und endgelagert; fast alle Atomkraftwerke sind vom Netz, dafür liefern Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee sowie großindustrielle Solarkraftwerke in Nordafrika und dem Nahen Osten Strom für Deutschland und die allmählich vom Staatenbund zum Bundesstaat mutierende, stramm ökoideologisch ausgerichtete Europäische Union.

Es sind die gleichen gesellschaftlichen Kräfte, die schon immer von der hemmungslosen Produktion von Treibhausgasen profitiert haben, die nun behaupten, sie könnten die klimatischen Folgen dieser Entwicklung ohne einen radikalen Systemschnitt - und damit der Preisgabe ihrer Vorteilslage - korrigieren. Nur unter der Voraussetzung, daß die Produktionsverhältnisse so expansiv und ausbeuterisch bleiben sollen wie bisher, erscheint die CCS-Technologie alternativlos. Doch ein "grüner" Mehrwert bleibt ein Mehrwert, und der wird auch in einer klimafreundlichen Verwertungsordnung den eigentlichen Produzenten weggenommen.

Der jetzt in Brandenburg angelaufene CCS-Versuch ist nicht wertneutral, das Ergebnis keineswegs offen. Nicht das Prinzip des CCS steht zur Prüfung an, sondern die Bedingungen, nach denen diese Technologie den Anschein von Machbarkeit erweckt. In einigen Jahren oder Jahrzehnten, sollten sich die weltweit angelegten CCS-Lager wieder leeren und die Erderwärmung beschleunigen, wird sicherlich der nächste Deal geschlossen, um seinerseits die Irrtümer des Green New Deal zu korrigieren.

4. Mai 2011