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LAIRE/222: Offshore-Windräder pusten kleinen Stromkunden das Geld aus der Tasche (SB)


Dank zentralistischer Energieproduktion werden kleine Stromkunden mit immer höheren Umlagen belastet



Das hat schon was von einer Realsatire, wenn die Bundesregierung eine dezentrale Energieversorgung bremst, aber gleichzeitig kapitalverschlingende Offshore-Windparks fördert und anschließend die kleinen Stromkunden für den offshore produzierten Strom, der noch nicht einmal ins Netz eingespeist werden kann, bezahlen läßt ...

Die Förderung der sogenannten erneuerbaren Energien hätte gut zu einer dezentralen Energieproduktion und einem dezentralen Energieverbrauch führen können. Was regional erzeugt wird, würde auch regional verbraucht. Das hätte allerdings den großen Energieversorgern und Netzbetreibern ernsthafte Sorgen bereitet, da mit Menschen, die Energie produzieren und diese anschließend verbrauchen, schlecht Geschäfte zu machen ist. Ein kleines bißchen wäre der Traum, der am Beginn der Ära der "alternativen" Energien in manchen Köpfen herumgeisterte, verwirklicht worden.

Bei einem Erfolg des Konzepts hätte natürlich die Gefahr bestanden, daß die Menschen solche, sich auf die gesellschaftliche Ordnung tendenziell zersetzend auswirkenden Ideen auf andere Lebensbereiche übertragen hätten. So wäre womöglich aus der Idee einer dezentralen Energieproduktion, von der keine Kapitalinteressen profitieren, die Idee einer grundsätzlich anderen Lebensführung hervorgegangen, die sich nicht um die Ableistung fremdbestimmter Arbeit dreht, und daraus wiederum die Idee eines Gemeinwesens, in dem das Anhäufen von Reichtum zu Lasten der Besitzlosen zurückgelassen wird.

Soviel zu den Träumen. Nun zu den Alpträumen und den Gespenstern, von denen sie ausgelöst werden. Eines dieser Gespenster treibt seit dem 1.1.2013 sein Unwesen in Deutschland. Man kennt es unter dem unsäglichen Namen "Offshore-Haftungsumlage nach der Novelle des EnWG 2012". Der Name klingt nicht nur gruselig, er meint auch etwas Gruseliges.

Nachdem im Jahr 2009 die niederländische EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes dem deutschen Energiekonzern E.ON mit einem Kartellverfahren gedroht hat, hat dieser nachgegeben und sein Stromnetz an den niederländischen Staatskonzern Tennet verkauft. Dessen Tochterunternehmen, die TenneT TSO GmbH, ist für die Netzanbindung der Offshore-Windparks an der Nordseeküste zuständig. Nun sind die deutschen Stromnetze gar nicht dafür ausgelegt, große Mengen Strom von der Nordsee zu den Verbrauchern im Süden des Landes zu transportieren. Das wußte die Bundesregierung natürlich lange, bevor sie das zentralistische Konzept, elektrischen Strom mittels riesiger Konstruktionen in der Nord- und Ostsee generieren zu lassen, propagierte.

Jetzt tut sich eine Schere auf zwischen der Strommenge, die von den Windparks in der Nordsee produziert wird, und der Strommenge, die überhaupt ins Netz eingespeist werden kann.

Die Windparkbetreiber, die Verträge mit der Bundesregierung geschlossen haben und anfangs zwischen 13 bzw. 15 Cent und maximal 19 Cent pro erzeugter Kilowattstunde (ct/kWh) erhalten, können vom Netzbetreiber Entschädigung verlangen, wenn dieser ihren Strom nicht abnimmt. Die Netzbetreiber wiederum dürfen den Schwarzen Peter weiterreichen, das heißt die Entschädigungskosten größtenteils auf die Stromrechnung der Endkunden schlagen. Selber müssen sie nur für 5 bis 20 Prozent der Schadensersatzforderungen oder maximal 110 Millionen Euro aufkommen.

Die Endkunden werden jedoch doppelt zur Kasse gebeten. Zum einen finanzieren sie mit ihren Steuergeldern den Aufbau der zentralistischen Offshore-Windparks, zum anderen bekommen sie nicht einmal etwas dafür, sondern werden um die Erträge geprellt. Das heißt, die Offshore-Windräder heizen nicht ihr Badewasser auf, sondern verbreiten nur heiße Luft und machen dabei manchen Zugvogel kopflos.

Das ist auch deshalb zynisch, weil die Bundesregierung die Einspeisevergütung für Solarstrom mit dem Argument der exorbitanten Subventionierungskosten (wegen des unerwartet großen Zuspruchs der Photovoltaik in Deutschland) zurückfährt, gleichzeitig aber enorme Kosten auf die Endverbraucher aufgrund der subventionierten Offshore-Windenergie zukommen läßt.

Die Spitze des Zynismus wurde bislang noch gar nicht erwähnt: Die Offshore-Haftungsumlage wird nicht gleichmäßig auf alle Kunden verteilt, sondern hauptsächlich den kleineren Verbrauchern (jährlicher Stromverbrauch bis 1.000.000 kWh) aufgelastet. Die müssen die nächsten drei Jahre für die Umlage bis zu 0,25 ct/kWh bezahlen. Wohingegen die Industrieabnehmer nur ein Fünftel oder unter Umständen sogar nur ein Zehntel davon zahlen.

Aber, hey, kein Grund sich zu beschweren! Der kleine Stromkunde ist doch hart im nehmen und, wenn man so will, weich im geben. Beispielsweise bezahlt er die Betreiber der Stromnetze (Tennet TSO, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW) auch noch dafür, daß sie von der Großindustrie keine Gebühren erhalten.

Da die großen Stromkunden, mit denen richtig gut Geld zu verdienen wäre, von den Nutzungsgebühren befreit sind, entgehen den Netzbetreibern natürlich beträchtliche Erlöse. Theoretisch. In der Praxis sieht es so aus, daß die Kleinkunden für die entgangenen Erlöse zahlen müssen (nach §19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung).

Da der von den Offshore-Windrädern erzeugte Strom mangels ausreichender Netzanbindung vom Endkunden gar nicht genutzt werden kann, könnten die Windräder im Prinzip auch stillstehen. Das macht im Endergebnis keinen Unterschied. Dann würden die Windparkbetreiber dafür bezahlt, daß sie teils mehr als 1300 Tonnen schweren Windrad-Kolosse in der Nordsee aufstellen, die sich aber gar nicht zu drehen bräuchten und dennoch wahre Geldmaschinen wären. Welch Wunder der Ökonomie! Ein wenig weitergesponnen könnten sich die Windparkbetreiber das lästige Aufstellen der Windräder gänzlich ersparen. Es genügte, daß sie lediglich ankündigen, sie würden jetzt Windräder aufstellen, die Strom produzieren würden, der dann mangels Netzanbindung nicht abgenommen werden könnte, weswegen sie aber entschädigt werden müßten.

Dann würden die Netzbetreiber das Geld für den nicht-vorhandenen Strom von den nicht-vorhandenen Offshore-Windrädern auf die kleinen Stromkunden umlegen. Wegen der Sache mit den Zugvögeln wäre diese Lösung sogar vorzuziehen.

28. Mai 2013