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STANDPUNKT/154: Strombörse abschaffen - Spekulation eindämmen (NaturFreunde)


NaturFreunde Deutschlands - 17. Juni 2011

Strombörse abschaffen - Spekulation eindämmen


Berlin, 17. Juni 2011 - "Darf die Strombörse in Leipzig (EEX) eine Zukunft haben, obwohl sie ein Instrument der Spekulation ist", fragt der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller anlässlich der aktuellen Behandlung zahlreicher Gesetze zur Energiepolitik in Bundestag und Bundesrat. "Die Spekulation mit den Strompreisen nimmt durch überschüssiges Kapital zu, die Folge sind zunehmend Preissteigerungen. Die Strombörse muss abgeschafft werden!"

Die Strombörse in Leipzig (EEX) ist ein organisierter Markt ähnlich einer Wertpapierbörse, gehandelt wird aber Strom. Theoretisch soll durch die Bündelung von Angebot und Nachfrage eine hohe Liquidität erreicht werden und der geregelte Handel ein Vergleichsinstrument schaffen, um Transaktionskosten zu senken.

Immer kurzfristigere Verträge

"Diese Strombörse ist eine Folge der Liberalisierung der europäischen Elektrizitätsmärkte", so Müller. "Obwohl es statt langfristiger Bindungen immer mehr kurzfristige Verträge gab, ist die Bundeskanzlerin voll des Lobes, bezeichnet die EEX sogar als éEnergiegeschichteæ. Erneut hat sie die Dimension spekulativer Prozesse nicht erkannt, die der Augsburger Juraprofessor Thomas Möllers eine "Aura der Gesetzlosigkeit" genannt hat."

Die dunkle Seite der Börse sei spätestens seit dem Enron-Skandal bekannt, führt Müller weiter aus. Durch manipulative Eingriffe kam es zu Kunstzahlen und schließlich zu Engpässen durch spekulative Strompreise. Auch in Deutschland habe es im Jahr 2005 Vermutungen gegeben, dass große Energiekonzerne die Preise an der EEX künstlich beeinflussen würden, schließlich unterliege diese Börse keiner behördlichen Aufsicht. Von daher habe es im Jahr 2007 ein Kartellverfahren gegen E.on gegeben, bis heute aber weder eine Verschärfung der Aufsicht, noch eine Verbesserung bei der Veröffentlichungspflicht.

Gravierende gesamtwirtschaftliche Folgen

"Tatsächlich ist die deutsche Stromspotbörse im Jahr 2009 éOffshoreæ gegangen und hat sich bei Stromlieferungen innerhalb Deutschlands der Aufsicht entzogen. Die Preisverzerrungen nehmen zu, die gesamtwirtschaftlichen Folgen sind gravierend, zumal sich die Preise der Strompreisspotbörse auch auf den außerbörslichen Stromhandel und die Terminmärkte auswirken. Diese Problematik ist der Bundeskanzlerin bekannt, aber sie reagiert nicht", so Michael Müller, der in der letzten Legislaturperiode auch als Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium tätig war.

Zunehmend spekulative Preisbildung

"Insider gehen davon aus, dass zunehmend spekulative Elemente in die Preisbildung einfließen. Das darf nicht hingenommen werden. Gerade nach den Erfahrungen der Finanzkrise muss die Politik Konsequenzen ziehen und jede Form der Spekulation stoppen. Die NaturFreunde Deutschlands fordern deshalb, das Projekt Strombörse zu beenden. Sie ist ein Instrument des Neoliberalismus und darf keine Zukunft haben. Stattdessen muss verstärkt daran gearbeitet werden, die Spekulationen mit Energie, Rohstoffen und Nahrungsmitteln zu beenden. Die Abschaffung der Strombörse wäre ein guter Schritt in diese Richtung."


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Quelle:
Presseinformation vom 17.06.2011
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2011