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STELLUNGNAHME/371: Weitere Vertiefung der Elbe für eine kaum genutzte Wasserstraße? (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 23. Juni 2017

Bundestag beschließt Gesamtkonzept Elbe

BUND befürchtet weitere Vertiefung der Elbe für eine kaum genutzte Wasserstraße


Der Bundestag verabschiedete gestern Nacht mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD einen Beschluss zum Gesamtkonzept Elbe. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah Planfeststellungsverfahren vorzubereiten. Der Fokus liegt u. a. auf der umstrittenen "Reststrecke", einem gut 10 Kilometer langer Abschnitt der Elbe zwischen Dömitz und Hitzacker (Niedersachsen / Mecklenburg-Vorpommern). Zudem soll mit Tschechien ein Staatsvertrag zur Elbe abgeschlossen werden. Das Vorgehen und die Vorhaben sind nach Ansicht des BUND nicht mit dem Gesamtkonzept Elbe vereinbar und laufen letztlich insbesondere der Zielsetzung, die Sohlerosion zu stoppen und umzukehren, zuwider. Die Ankündigung zeitnaher Planfeststellungsverfahren unterlaufen jegliches Vertrauen in einen gemeinsamen Willen zur Verständigung.

"CDU/CSU und SPD versuchen offensichtlich den seit fast 15 Jahren geltenden verkehrlichen Ausbaustopp an der Elbe aufzuheben und forcieren so den Ausbau des Flusses", kritisiert Bodenstein-Dresler, Landesgeschäftsführer des BUND Niedersachsen e.V.. "Sie streben an, schnellst möglich sogenannte Planfeststellungsverfahren zu eröffnen. Gerade an der Reststrecke jedoch besteht keinerlei Bedarf für eine weitere Vertiefung der Elbe. Mit dem Elbeseitenkanal gibt es eine funktionierende Alternative für die Schifffahrt!"

In manchen Fällen seien Planungsverfahren auch für Renaturierungsprojekte notwendig. Doch waren diese auch bisher nicht von dem Ausbaustopp betroffen. "Hier wird der letzte Schritt vor dem ersten getan. Zuerst muss untersucht werden, welche Maßnahmen geeignet sind, die Ziele des Gesamtkonzepts Elbe zu erreichen. Es dürfen keinerlei Maßnahmen ergriffen werden, bevor deren Auswirkungen auf die Sohlerosion geklärt sind. Mit diesem Beschluss schwächen CDU/CSU und SPD das von ihnen selber hochgelobte Konzept und den sich anschließenden Prozess", so Bodenstein-Dresler weiter.

Ihr Ansinnen mit Tschechien einen Staatsvertrag abschließen zu wollen, begründet die Regierungskoalition damit, dass es Tschechien weiterhin ermöglicht werden müsse, sein Areal im Hamburger Hafen zu erreichen. Diese Flächen im Hafen wurden jedoch jahrelang nicht genutzt und liegen brach.

"Es ist keine Notwendigkeit für einen solchen Staatsvertrag zur Elbe mit Tschechien gegeben. Die Elbe-Politik Tschechiens steht der Absicht Deutschlands auf Natur schonende Gewässerunterhaltung diametral entgegen. Die tschechische Regierung plant den Bau weiterer Staustufen - eine davon in direkter Nähe der gemeinsamen Grenze. In Deutschland hingegen soll die Elbe frei fließen. Das ist nicht passfähig", kritisiert Bodenstein-Dresler. "Vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheiten, insbesondere der Zunahme der Extreme von Starkregen und Trockenphasen infolge der Klimakrise, und der daher nicht vorhersagbaren Abflüsse, können keine Zusagen zu zukünftigen Fahrrinnentiefen getroffen werden. Mit einem solchen Staatsvertrag würde der Druck zum Staustufenbau auch in Deutschland wachsen."

Der BUND fordert den Bundestag und die Regierung auf, anstatt getroffene Vereinbarungen auszuhöhlen und umzuinterpretieren, sich dafür einzusetzen, dass zur weiteren Ausarbeitung des Gesamtkonzepts Elbe ein Beteiligungsprozess etabliert wird, der den Anforderungen an Transparenz und Partizipation auch der breiten Öffentlichkeit gerecht wird.

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Quelle:
Presseinformation vom 23.06.2017
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
Tel.: 0511/965 69-0, Fax: 0511/662 536
E-Mail: presse.nds@bund.net
Internet: www.bund-niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2017

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