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STELLUNGNAHME/581: Keine Ausweitung der Ölförderung im Wattenmeer (Schutzstation Wattenmeer)


Schutzstation Wattenmeer - Presseinformation, 25. Oktober 2019

Umweltverband fordert: Keine Ausweitung der Ölförderung im Wattenmeer


Der neueste Antrag auf Erweiterung des Ölfördergebiets im Nationalpark Wattenmeer durch den Energiekonzern Dea stößt auf scharfe Kritik des Umweltverbandes Schutzstation Wattenmeer.

"Mehr Ölförderung und auch noch in einem überflutungsgefährdeten Lebensraum. Zynischer geht's angesichts der Klimakatastrophe nicht", sagt Katharina Weinberg, Naturschutzreferentin der Schutzstation Wattenmeer. Meldungen zufolge hat Dea vor zwei Wochen beim Bergamt beantragt, ein Vorkommen südlich ihrer Plattform Mittelplate durch horizontale Bohrungen auszubeuten. Nicht der erste derartige Antrag: Seit 2007 scheiterten mehrere Anläufen, die Ölförderung auszuweiten. Zuletzt stoppte das schleswig-holsteinische Umweltministerium im Jahr 2017 geplante Explorations-Bohrungen.

"Ein weiterer Versuch von Dea, mehr Öl aus diesem sensiblen Naturraum zu pressen", kommentiert Weinberg und begrüßt die Aussagen von Umweltminister Albrecht, der in einem Interview "starke Zweifel" an der Vereinbarkeit mit dem Nationalparkgesetz äußerte. Zugleich fordert sie eine möglichst baldige Offenlegung der Antragsunterlagen durch die zuständigen Behörden.

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Schutzstation Wattenmeer - Rohstoffgewinnung - Ölförderung / Ölförderung

Auch nach 30 Jahren Nationalpark und der Auszeichnung des Wattenmeers als Weltnaturerbe wird auf der Bohr- und Förderinsel "Mittelplate" vor Friedrichskoog Öl gefördert. Aus Sicht der Schutzstation Wattenmeer ist sie ein Schandfleck in dieser einmaligen Naturlandschaft. Daher setzen wir uns seit Jahren - auch vor Gericht - massiv dafür ein, die Erdölförderung zu beenden.

Ein kleine Chronik

1985 Einrichtung des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Kurz zuvor wird allerdings noch die Genehmigung für den Bau und den Betrieb der Bohrinsel Mittelplate erteilt.

Die künstliche Öl-Insel zerstört das Bild der einzigartigen weiten Landschaft des Wattenmeeres. Lärm, Beleuchtung und Schiffsverkehr sind ständige Begleiter und belasten die Natur.

1987 Beginn der Ölförderung

1995 Verlegung eines Starkstromkabels durch das Watt zur Öl-Insel. Mehrfach freigespült sind immer wieder Sicherungsarbeiten nötig.

1996, 1997 und 2001: Seismische Untersuchungen - mit Knallkanonen werden weitere Öllagerstätten gesucht.

2005 Bau einer Pipeline nach Friedrichskoog. In diesem Jahr die größte Baustelle Schleswig-Holsteins - mitten im Nationalpark.

2007 RWE Dea meldet, dass seit Jahren ein Priel auf die Öl-Insel zuwandert. Zur Sicherung werden 85.000 Quadratmeter Watt und Priele mit Steinschüttungen überdeckt. Die Genehmigung hierfür wird allerdings erst 2010 eingeholt.

2008 Verlegung zweier weiterer Starkstromkabel zur Insel.

2009 Die UNESCO zeichnet den Nationalpark als Weltnaturerbe aus - mit Ausnahme zweier "Exklaven".

Ein peinlicher Kunstgriff, denn die Mittelplate sowie die geplanten Flächen weiterer Probebohrungen dürfen nicht Teil eines Welterbe-Gebiets sein.

2010 Das Bergamt verlängert die Konzession um 30 Jahre.

2015 RWE verkauft Dea an die von dem russischen Oligarchen Michail Fridman kontrollierte LetterOne-Gruppe. Michail Fridman wird vorgeworfen, mitverantwortlich an der Umweltkatastrophe durch den Öltanker "Prestige" vor Spanien im November 2002 zu sein. Obwohl mehrfach schwere technische Mängel festgestellt worden waren, ließ Fridman, dem der Tanker indirekt gehörte, diesen weiter fahren.

2017 Ein Teilerfolg: Dea scheitert mit seinen Plänen, die Ölförderung noch auszuweiten. Das schleswig-holsteinische Umweltministerium stoppt die geplanten Explorationsbohrungen als unvereinbar mit dem Nationalparkgesetz. Seit 2007 haben RWE Dea bzw. ihre Nachfolger Pläne für "Probebohrungen" an zunächst sechs Stellen der Nationalparks in Schleswig-Holstein und Niedersachsen vorangetrieben.

Insgesamt führte der Betrieb der Bohrinsel immer wieder zu umfangreichen Bau- und Sicherungsmaßnahmen, die ihrerseits den Nationalpark beeinträchtigten.

Die Schutzstation Wattenmeer hat mit zahlreichen öffentlichen Aktionen immer wieder auf die Unvereinbarkeit der Ölförderung mit den Anforderungen eines Nationalparks und Weltnaturerbegebiets hingewiesen. Zugleich setzen wir uns in Gremien wie den Nationalpark-Kuratorien und inzwischen auch vor Gericht für ein Ende der Exploration ein.

Schutzstation Wattenmeer
Nationalparkhaus Husum
Hafenstrasse 3, 25813 Husum
Tel: 04841-66 85 30, Fax: 04841-66 85 39


Infos zur Ölförderung im Wattenmeer:
https://www.schutzstation- wattenmeer.de/naturschutz/gefaehrdungen/rohstoffgewinnung/oelfoerderung/

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Quelle:
Presseinformation, 25.10.2019
Herausgeber:
Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer e.V.
Pressestelle
Grafenstraße 23, 24768 Rendsburg
Tel.: 04331/23 6 22, Fax:04331/25 24 6
Internet: http://www.schutzstation-wattenmeer.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2019

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