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ATOM/307: Uranstaub in Kalifornien - Preis des Kernwaffenbaus (SB)


Kernwaffenlabor will vermehrt Uranstäube in die Umwelt entlassen


Die Bewohner des kleinen kalifornischen Städtchens Tracy sorgen sich über mögliche Kontaminationen mit uranhaltigen Stäuben aus einer nahegelegenden Bombentestanlage. Bislang erhalten die Einwohner keine nennenswerte Unterstützung von den Behörden, sondern bekommen statt dessen den gleichen massiven Widerstand zu spüren, von dem unter anderem auch die Veteranen des Golfkriegs berichteten, die unter teils schweren Krankheiten leiden, die typisch für Verstrahlungen sind. Die von den USA und teilweise ihren Alliierten in den Golfkriegen 1991 und 2003 sowie in Jugoslawien und Afghanistan verwendete DU-Munition (DU = depleted uranium) ist zwar, wie der Name schon sagt, abgereichert (depleted), aber das bedeutet nicht, daß sie strahlungsfrei wäre. Im Gegenteil, DU-Munition gibt, vor allem wenn sie unter großer Hitzeentfaltung explodiert ist, anschließend krebsauslösende Alpha- und Beta-Teilchen ab.

Das Kernwaffenlabor Lawrence Livermore Nuclear Weapons Lab in der kalifornischen Stadt Livermore führt auf dem Testgelände namens Site 300 nahe Tracy Sprengungsversuche durch, durch die radioaktive Partikel in die Luft gepustet werden. Bei westlicher Windrichtung werden das sich bildende gasförmige Urandioxid sowie Aerosole in Richtung der San Francisco Bay Area getrieben, wo sieben Millionen Menschen leben. Bei Südwind treiben die Uranstäube durch das San-Joaquin-Tal, einem intensiv bewirtschafteten Anbaugebiet für Obst, Gemüse und Getreide.

Site 300 war von der US-Regierung seit Ende der fünfziger Jahre für Kernwaffenversuche verwendet worden. 1991 wurde das Gebiet zum Superfund-Site erklärt, das ist die oberste Kategorie für Plätze mit den hochgiftigen Umweltverschmutzungen. Das Grundwasser ist mit Tritium verseucht, in ungeschützten Gruben befinden sich Ablagerungen von Uran 238.

Die Stadt Tracy hat geplant, 5500 neue Häuser in Nachbarschaft zur Site 300 zu bauen. Dazu mußten unter anderem Sicherheitsstudien erstellt werden, wodurch das Thema der Uranverseuchung verbreitet wurde. Widerstand kam auf, nachdem bekannt wurde, daß die Umweltbehörden des San Joaquin Tals im November einen Antrag des Kernwaffenlabors bewilligt hatten, wonach die Obergrenze für die Explosionen, die gegenwärtig dem Äquivalent von 100 amerikanischen Pfund (ein am. Pfund = 450 Gramm) entsprechen, auf 350 am. Pfund jährlich angehoben werden durfte. Erst als die nicht in die Pläne eingeweihten Gemeinden davon erfuhren und protestierten, wurde die Genehmigung wieder zurückgezogen und eine Untersuchung angeordnet.

Im März wurde das Labor aufgefordert, einen neuen Antrag zu stellen und Daten zu liefern, die es ermöglichen, die Auswirkungen der Explosionen auf die Gesundheit einzuschätzen. Sollte der Antrag durchkommen, würde das Labor jährlich etwa 200 Kilogramm Uranstaub verbreiten. Dann könnte es eines nicht mehr fernen Tages nicht nur ein Golfkriegssyndrom unter US-Bürgern geben, sondern auch ein Bay-Area-Syndrom. Vielleicht werden die Bewohner Tracys und Umgebung aber auch "Downwinder" genannt. So wie die Einwohner Utahs, die in der Hauptwindrichtung des Atomwaffentestgeländes in Nevada leben und erhöhte Krebsraten aufweisen.

19. April 2007