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ATOM/416: UNESCO erteilt umstrittenem Uranabbau in Tansania grünes Licht (SB)


Mantra Tanzania Resources erschließt riesige Uranmine am Rande von Afrikas größtem Wildpark



Das UNESCO-Komitee hat die Pläne der tansanischen Regierung zum Erschließen einer Uranmine auf dem Gebiet des unter Schutz stehenden Selous-Wildtierreservats akzeptiert [1]. Vor einem Jahr hatte das World Heritage Committee (WHC) der UN-Organisation gefordert, daß die Bergbauaktivitäten eingestellt und zunächst Studien zur Umwelt- und Sozialverträglichkeit durchgeführt werden sollten. Außerdem müßten sich erst UNESCO-Delegierte vor Ort über das Projekt informieren. Auf der am 6. Juli in der russischen Stadt St. Petersburg zu Ende gegangenen WHC-Sitzung wurde schließlich auch die neue Grenzziehung des größten zusammenhängendes Wildparks auf dem afrikanischen Kontinent genehmigt.

Eine negative Entscheidung hätte Tansania vermutlich nicht von seinem Vorhaben abgebracht, aber nun behält das Selous-Wildreservat seinen Status als Weltnaturerbe, obgleich ein Teil des Gebiets für den Urantagebau abgezweigt wird. Zwar betrifft dies nur 0,8 Prozent des über 50.000 Quadratkilometer großen Reservats, aber das klingt nur deshalb wenig, weil es sich um eine Prozentangabe handelt. Flächenmäßig macht der Teil der Uranmine, bei dem der Wildpark beansprucht wird, rund 400 Quadratkilometer aus, was dem Gebiet der Millionenstadt Köln entspricht.

Zwischen 1978 und 1982 hatte die deutsche Uranerzbergbau GmbH das Gebiet geologisch erkundet und auf die Uranvorkommen aufmerksam gemacht [2]. Das australische Unternehmen Mantra Tanzania Resources will nun aus dem Gebiet, das 470 Kilometer südlich der Wirtschaftsmetropole Daressalam liegt, mindestens 27.000 Tonnen (in der ersten Phase jährlich 1900 Tonnen) Uranoxid gewinnen und hat dafür eine Investitionssumme von 400 Millionen Dollar veranschlagt. Die tansanische Regierung beziffert den voraussichtlichen Jahresumsatz des Mkuju River Project (MRP ) genannten Vorhabens auf durchschnittlich 250 Millionen Dollar über einen Zeitraum von mindestens 12 Jahren. Mit der Produktion soll 2014 begonnen werden. Durch diese Mine würde Tansania zum weltweit acht- und Afrikas drittgrößten Uranförderer aufsteigen. Während der Aufbauphase sollen 1200 Arbeitsplätze entstehen, im Dauerbetrieb würde die Zahl auf die Hälfte reduziert werden [3].

Angesichts dieser Aussichten fallen Bedenken von Umweltschützern, wonach sich die Wildtiere durch die Minenaktivitäten erheblich gestört fühlen könnten, offenbar nicht ins Gewicht. Am Ende scheint kurzfristiges ökonomisches Kalkül für die Zustimmung der Regierung Tansanias ausschlaggebend gewesen zu sein. Sie verspricht sich Steuereinnahmen von fünf Millionen Dollar pro Jahr, wohingegen mit dem Wildpark als Touristenziel rund 500.000 Dollar jährlich erwirtschaftet werden. Und die würden ja auch nicht vollständig wegfallen, wenn die Uranmine ihren Betrieb aufnimmt, da die Uranvorkommen am Rand des Parks liegen. Vermutlich werden die Safaritouristen davon gar nichts mitbekommen.

Dennoch sind die Argumente der Umweltschützer, Kirchen- und Kommunalvertreter, Menschenrechtler und aller anderen, die schon gegen das Vorhaben protestieren, plausibel. Von den in dem Gebiet lebenden Einwohnern, die lediglich ein Nutzungs- bzw. Gewohnheitsrecht haben, aber streng juristisch keinen Eigentumsanspruch auf das Gebiet erheben können, wird voraussichtlich nur ein kleiner Teil einen Arbeitsplatz in der Uranmine erhalten, und selbst wenn, dürfte das nur ein schaler und zudem gesundheitsschädigender Ersatz für das gewohnte Leben sein.

Die Umweltauswirkungen der Tagebauaktivitäten werden weit über das Gebiet hinausreichen. Da genügt ein Blick auf das Uranabbaugebiet in Niger: Der radioaktiv belastete Staub wird davongeweht und gefährdet nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Anwohner. Der Urangehalt des tansanischen Erzes ist relativ gering - zur Gewinnung von einer Tonne Uran müssen 100 Tonnen Material bewegt werden -, um so gewaltiger die anstehenden Abraummengen. Der enthält noch etwa 80 Prozent der ursprünglichen Radioaktivität.

Giftige Schlämme, die entstehen, weil das Uran mit Laugen aus dem zuvor kleingemahlenen Material herausgewaschen werden muß, drohen die Wasserläufe in der Region zu verseuchen, und das ausgerechnet in einem Gebiet, in dem Wasser knapp ist. Hinzu kommt natürlich noch der hohe Wasserbedarf der Uranmine selbst. Zudem zeigen Erfahrungen aus anderen Uranabbaugebieten auf welchem Kontinent auch immer, daß die Schlammbecken für das Abwasser oftmals nicht dicht sind. Das Grundwasser würde sowieso kontaminiert.

Obgleich eine prozentual relativ kleine Fläche vom Wildreservat für den Uranabbau abgetrennt wird, kommt ihr eine größere Bedeutung zu, denn das Reservat selbst ist eingebunden in ein sich über Ostafrika erstreckendes System aus Schutzgebieten, die durch Land- und Wasserkorridore, die für die Tiere freigehalten werden, miteinander verbunden sind. Solch ein Korridor, der nicht unberührt von dem Uranabbau bleiben wird, verbindet beispielsweise den Selous-Park mit dem Niassa-Schutzgebiet in Mosambik. Im vergangenen Jahr haben uranium-network.org, Rettet den Regenwald e.V., tanzania.network.de e.V. und NABU International eine von mehr als 20.000 Menschen unterzeichneten Petition gegen den geplanten Uranabbau in tansanischen Naturschutzgebieten der Botschaft des Landes überreicht [4]. Auch das besaß offensichtlich nicht die gewünschte Wirkung.

Wie alle Staaten Afrikas, die in die globale Wirtschaftsordnung eingebunden sind, folgt Tansania einem Entwicklungspfad, der sich an der Höhe des Wirtschaftswachstum bemißt. Landfläche werden ebenso an ausländische Investoren zur Bewirtschaftung vergeben wie sie für den Abbau von Gold und Uran freigestellt wird. Bei der Rechnung der Regierung, daß der Uranabbau den Staatshaushalt aufbessert und Verluste auf lokaler Ebene hinzunehmen sind, werden vermutlich nur jene Faktoren berücksichtigt, durch die die Aktivitäten des Konzerns in einem vorteilhafteren Licht erscheinen.

Man muß aber davon ausgehen, daß die Bedingungen, die dem Bergbaukonzern eingeräumt werden, damit er das Uran aus dem Boden holen darf, nicht günstiger sind als beispielsweise hierzulande die Bedingungen für den Abbau von Braunkohle. Das würde bedeuten, daß Mantra Ressources nichts oder fast nichts für das Uran und auch nichts für das Wasser bezahlen muß, das es verwendet. Für die entstehenden Gesundheitsschäden käme die Bevölkerung selbst auf, und die zukünftige Renaturierung der Tagebaumine würde der Staat bezahlen. Inwieweit eine Sicherung der Abraumhalden vorgenommen wird, ist unklar - auch dabei wäre eher damit zu rechnen, daß sie unzulänglich bleibt. Denn eigentlich müßten Uranstaub und -gestein vollständig gegen Erosionskräfte durch Wind und Wasser geschützt werden - wie sollte das gehen ohne enorme Investitionen in Sicherungsmaßnahmen?

Uran wird für Atomkraftwerke und den Bau von Atombomben gebraucht. Tansania reiht sich mit seinen Plänen in den Kreis derjenigen Staaten ein, welche ein Ende beider Technologien hinauszögern bzw. vereiteln. US-Präsident Barack Obama sprach einmal von der Abschaffung aller Atomwaffen. Warum also nicht an der Basis der Infrastruktur der Uranverarbeitung anfangen und das Erz einfach nicht mehr abbauen?


Fußnoten:

[1] "Tanzania gets UN nod for uranium mine in game park", Reuters, 5. Juli 2012
http://www.miningweekly.com/article/tanzania-gets-un-nod-for-uranium-mine-in-game-park-2012-07-05

[2] "Mkuju River Tanzania", Uranium One, abgerufen am 11. Juli 2012
http://www.uranium1.com/index.php/en/development/mkuju-river-tanzania

[3] "Tanzania to become 8th largest uranium producer", East African, Business Week, 9. Juli 2012
www.busiweek.com/news/tanzania/3127-tanzania-to-become-8th-largest-uranium-producer

[4] "Tansania: Petition gegen Uranabbau in tansanischen Naturschutzgebieten", 2. September 2011
http://www.contratom.de/2011/09/02/tansania-petition-gegen-uranabbau-in-tansanischen-naturschutzgebieten/

11. Juli 2012