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KLIMA/321: Zundertrocken - Spanien leidet unter schwerer Dürre (SB)


Tankschiffe aus Frankreich für Millionenmetropole Barcelona

Vor dem Hintergrund einer wiederholten Dürre streiten sich die Zentralregierung Spaniens und Katalonien über ein Wasserbauprojekt


Die Deutschen leben in einer klimatisch begünstigten Zone. Der heiße Sommer 2003 hat zwar auch hier zu zahlreichen Toten geführt, und ausbleibende Niederschläge oder Überschwemmungen sind keineswegs unbekannt, aber im Verhältnis zu anderen Weltregionen besitzt Deutschland das Privileg, in den gemäßigten Breiten zu liegen. Alles in allem sind hierzulande zur Zeit kaum Faktoren, wie sie von der Wissenschaft als typisch für den Klimawandel angesehen werden, zu beobachten. Man braucht jedoch nicht weit zu blicken um festzustellen, daß sich die Erde erwärmt und daß dies direkte Konsequenzen für den Lebensraum der Menschen hat. In dem EU-Mitgliedsland Spanien herrscht eine Dürre, wie es sie seit 40 Jahren nicht mehr gegeben hat. Besonders schwer betroffen sind die Regionen entlang des Mittelmeeres, dort war es seit 1912 nicht mehr so trocken.

In Klimakarten wird Spanien dem mediterranen Winterregengebiet bzw. dem warmgemäßigten Klima zugerechnet. Das läßt sich in diesem Jahrhundert aber immer seltener erkennen. Die "Regenzeit" ist nun vorbei, der eigentlich trockene Sommer steht bevor. Die Millionenmetropole Barcelona hat bereits mit Frankreich eine Vereinbarung für die Lieferung von Wasser mit Tankschiffen getroffen.

Nur weil Teile Spaniens zur Wüste werden, bedeutet das nicht, daß es in anderen Regionen auf der iberischen Halbinsel sehr viel besser aussieht. Selbst Portugal, das noch am ehesten Niederschläge erhält, leidet unter Trockenheit, zumal seine Wasserversorgung nicht zuletzt auf den Zufluß des Duero, Tajo und Guadiana aus Spanien angewiesen ist.

Landesweit liegen die Stauseen Spaniens bei durchschnittlich 46 Prozent ihren Kapazität, die Regenmenge blieb in den vergangenen eineinhalb Jahren 40 Prozent unter dem Durchschnitt. Katalonien hat es am schlimmsten getroffen. Eigentlich müßten die Staudämme jetzt im Frühjahr gut gefüllt sein, aber da sie in den letzten eineinhalb Jahren aufgrund geringer Niederschläge fast keinen Zufluß erfahren haben, weisen sie einen durchschnittlichen Füllstand von 19 Prozent auf. Selbst das muß noch als ein beschönigender Wert angesehen werden, denn je mehr Wasser den Reservoiren entnommen wird, desto höher der Schmutzanteil. Am Ende handelt es sich nur noch um Schlamm. Ab einer Füllmenge von 15 Prozent gilt das Wasser deshalb als ungenießbar. Dann herrschen in Spanien endgültig Bedingungen wie in der Sahara, wo die Menschen häufig keine andere Wahl haben, als das kostbare Naß aus Schlammlöchern zu trinken.

Die Behörden Barcelonas haben einige Notmaßnahmen ergriffen, um die Wasserversorgung leidlich aufrechterhalten zu können. Wie die Internetseite terradaily.com (4. April 2008) unter Berufung auf AFP berichtete, wird die Stadt sowohl mit Tankschiffen aus anderen Landesteilen als auch aus Frankreich versorgt. 22 Millionen Euro kostet das Vorhaben - und die gelieferte Wassermenge wird lediglich fünf Tage reichen.

Das erste Schiff wird innerhalb der ersten beiden Wochen im Mai von der spanischen Mittelmeerstadt Tarragona nach Barcelona aufbrechen, teilte ein Sprecher des Umweltministeriums der katalonischen Regionalregierung mit. In der zweiten Hälfte des Monats stechen zwei Schiffe von der südfranzösischen Hafenstadt Marseille in See. Obgleich das teuer ist, soll Wasser auch per Zug befördert werden.

In der spanischen Öffentlichkeit wird über eine Reihe von Konzepten zur Lösung des Problems diskutiert, die erwartungsgemäß jeweils mit enormen Folgeschwierigkeiten verbunden sind. Beispielsweise hat sich der gegenwärtige sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero von den Plänen der konservativen Vorgängerregierung verabschiedet, die ein landesweites Pipeline-Netz aufbauen wollte, um das Wasser zu verteilen. Zapatero hingegen bevorzugt den Bau von weiteren dezentralen Meerwasserentsalzungsanlagen. Von diesen arbeiten bereits rund 950 im ganzen Land, sie produzieren täglich zwei Millionen Kubikmeter Wasser. Das reicht zur Versorgung von zehn Millionen Menschen (The Observer, 6. April 2008).

Solche Anlagen haben natürlich ihren Preis, denn diese Form der Gewinnung von Trinkwasser ist energieaufwendig und teuer. Folglich vermehren Meerwasserentsalzungsanlagen die Treibhausgasemissionen und tragen zum Klimawandel bei. Man kann auch sagen, daß sie die Not noch verstärken, die ihren Bau veranlaßt hat. Nach Angaben der spanischen Vereinigung zur technischen Aufbereitung von Wasser erzeugt jede Meerwasserentsalzungsanlage indirekt rund eine Million Tonnen CO2 pro Jahr.

Die katalonische Regionalregierung möchte Wasser aus dem Segre, einem Nebenfluß des mächtigen Flusses Ebro in der Nachbarregion Aragon, abzweigen, aber wie gesagt, dagegen hat die spanische Zentralregierung Einspruch erhoben. Die Wasserknappheit macht nun im Großraum Barcelona weitreichende Rationierungen erforderlich. Swimmingpools dürfen nicht gefüllt werden, und Rasensprengen ist verboten. Wer dagegen verstößt, muß mit einem Bußgeld in Höhe von 30 Euro (Rasensprengen) bis 3000 Euro (Füllen eines Swimmingpools größer als 300 Quadratmeter) rechnen. Die Strandduschen für Touristen erhalten ebenso kein Wasser mehr wie zahlreiche öffentliche Trinkwasserquellen.

Obgleich Umweltschützer begrüßen, daß Zapatero kein Wasser des Segre abzweigen will, kritisieren sie Madrid, aber auch die Regionalregierungen, daß sie zu wenig in die Verbesserung der veralteten Versorgungssysteme investieren. In Barcelona beispielsweise wird der tägliche Wasserverlust aufgrund von Leckagen auf 800.000 Liter geschätzt.

Spanien könnte ein heißer Sommer bevorstehen - politisch, wegen der Kontroverse über die Methode der Wasserversorgung, und klimatisch. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern werden sich die Subtropen in Zukunft weiter nach Norden ausdehnen. Das bedeutet, daß die Sahara in Europa Einzug hält. Ob die aktuelle Dürre eine Folge der klimatischen Verschiebungen ist, kann die Wissenschaft aus prinzipiellen Gründen nicht behaupten. Denn es handelt sich um ein Einzelereignis. Erst wenn weitere Daten vorliegen, lassen sich Statistiken aufstellen, an denen Trends abzulesen sind. Festzustellen bleibt jedoch: Die Dürre in Spanien paßt exakt zu dem, was der UN-Klimarat (IPCC - Intergovernmental Panel on Climate Change) für den Mittelmeerraum vorausgesagt hat. Wie ernst die Lage ist, beweist auch Zapatero Erklärung während des Nato-Gipfels am Wochenende. Der spanische Ministerpräsident sagte, es gebe keinen Wasserkrieg mit Katalonien ...

Auch wenn das Wort "Wasserkrieg" in der spanischen Presse seit längerem inflationär gebraucht wird, scheint sich die Lage in diesem Jahr besonders zuzuspitzen. Der Obst- und Gemüseanbau leidet bereits unter der Trockenheit. Vor dem Hintergrund eines weltweit wachsenden Nahrungsmittels, sind das keine gute Aussichten. Der politische Streit zwischen der Zentral- und der Regionalregierung bleibt womöglich nur dann aus, falls es in diesem Sommer in Spanien regnet.

7. April 2008