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KLIMA/343: Obama und der Klimawandel - Kein "Change" im Vormachtstreben (SB)


"Global Trends 2025"

Vor dem Hintergrund angeblicher Gefahren für die nationale Sicherheit wollen Geheimdienste den designierten US-Präsidenten Barack Obama über die Bedeutung des Klimawandels informieren


"Wandel" lautet das Zauberwort, mit dem der designierte US-Präsident Barack Obama Menschen im In- und Ausland in seinen Bann gezogen hat. Nach acht langen Jahren unter George W. Bush konnte es gar nicht anders kommen, als daß jedes Versprechen auf Veränderung wie eine Heilsbotschaft aufgesogen wird. Bloß nicht noch mehr Kriege, nicht noch mehr Bomben auf afghanische Hochzeitsgesellschaften, keine "rendition flights" zu den finsteren Verliesen des globalen geheimdienstlichen Netzwerks, keine Folterstätten in Abu Ghraib, Baghram, Guantánamo. Alles, was nach Bush kommt, kann ja nur besser werden ... hoffen die Bürger nicht nur in den Vereinigten Staaten, und viele von ihnen dürften dabei ihre Hände zum Gebet gefaltet haben. Als ob sie auf diese Weise magisch bekräftigen wollten, daß der verheißene Wandel mehr sein wird als Makulatur.

Im Taumeltanz der Obamania bleibt nicht viel Platz für Skepsis. Alles soll anders, besser als vorher werden. Dabei wird übersehen, daß kein Mensch an die Spitze der Vereinigten Staaten gelangt, der nicht als Garant der vorherrschenden Ordnung auftrat. Wenn Obama "Yes we can!" intoniert und von "Change" predigt, dann dient dies der Einhegung der Massen, die wieder straff hinter das hegemoniale Projekt von Regierung und Funktionseliten der USA gebracht werden sollen.

Der eigentliche Wandel der Gesellschaft, von dem Obama nicht spricht, greift viel tiefer. Er wird nahtlos an das von Bush nach innen wie nach außen mit Nachdruck vorangetriebene Vormachtstreben der Vereinigten Staaten anknüpfen und Regionen der menschlichen Lebenssphäre einbeziehen, die bislang nachrangig behandelt wurden. Das betrifft insbesondere den Klimawandel und seine Folgen. Der Globale Krieg gegen den Terror (GWoT - Global War on Terror), den die USA und ihre Verbündeten derzeit führen und an dem auch Deutschland in Regionen wie dem Mittelmeer und Golf von Aden beteiligt ist, wird zwar nicht an Bedeutung verlieren - denn als Vorwand für militärische Expansionen eignet er sich viel zu gut, als daß die dominanten Kräfte darauf freiwillig verzichten wollten -, doch wird er künftig ergänzt um einen Globalen Krieg gegen den Klimawandel und dessen weitverzweigte Folgen.

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der neue US-Präsident das bestehende Kyoto-Protokoll nicht mehr unterzeichnen, aber eine Führungsrolle bei den Verhandlungen zum Nachfolgevertrag, der ab 2012 in Kraft treten soll, beanspruchen. Barack Obama, der mehr mit der Agrospritindustrie verbändelt ist als mit der Erdölindustrie, wird dann das alte Hegemonialprojekt im neuen Gewand als "change" (Wandel) verkaufen. Das bedeutet: Etwas weniger von der geostrategischen Absicherung des Zugriffs auf fosssile Energieträger (Erdölpipelines und -lagerstätten) und erheblich mehr geostrategische Absicherung rezenter Energieträger (landwirtschaftliche Produktionszonen für den sogenannten Energiepflanzenanbau).

Genausowenig wie Kernkraftwerke klimafreundlich sind, nur weil Lobbyisten die große Mengen an Energie verschlingende Vor- und Nachbereitung des eigentlichen Abbrands der Uranstäbe aus ihrer Bilanz herausrechnen, genausowenig ist die Verbrennung von Pflanzen wie Mais, Zuckerrohr, Raps, Palmen, Jatropha, etc. klimafreundlich. Selbst wenn einmal wohlwollend unterstellt wird, daß dabei nicht mehr Kohlenstoff an die Atmosphäre abgegeben wird, als zuvor von der Pflanze aufgenommen wurde, geht eine solche Rechnung vollkommen an dem Problem vorbei, daß sich die Erdatmosphäre in einem Zustand befindet, an dem offensichtlich jeder weitere Kohlenstoffeintrag zuviel ist. Da spielt es keine Rolle, in welcher Form der Kohlenstoff zuvor gebunden war - die Verbrennung an sich muß unterbunden werden.

Darüber hinaus werden Energiepflanzen nur dann einen nennenswerten, über die lokale Nutzanwendung hinausgehenden Ersatz für Erdöl bilden, wenn sie großflächig angebaut werden. Das bedeutet Monokultur mit all ihren hinlänglich bekannten negativen Folgen wie Artenschwund, Vergiftung von Boden und Gewässer durch Pflanzenschutzmittel, Degradierung der Humusschicht, Vertreibung der Bevölkerung aus angestammten Lebensräumen, Wasserraub, schlecht bezahlte, gesundheitsschädigende Arbeit auch von Kindern auf den Plantagen, Zunahme der Arbeitslosigkeit, Landflucht und in der Folge Bildung von Elendsvierteln am Rande der Metropolen.

Die Frage, ob der "Erdölpräsident" Bush verheerender in der Umwelt gewütet hat als der "Agrospritpräsident" Obama, wird erst in einigen Jahren zu beantworten sein. Ebenso wie die Frage, ob die Konsequenzen daraus, daß Bush nicht auf die Warnungen der Klimaforscher gehört hat, sozial unverträglicher waren als die Maßnahmen, die Obama ergreifen könnte, weil er auf die Warnungen hört. Denn so dringlich auch etwas unternommen werden muß, um die Folgen des Klimawandels für die Menschheit aufzufangen, so werden sämtliche Maßnahmen nichts anderes als die gesellschaftlichen Verhältnisse widerspiegeln und vielleicht sogar noch unüberwindlicher denn je befestigen, wie sie heute bereits bestehen.

Das bedeutet, daß der weitaus größte Teil der Menschheit weiterhin bloße Manövriermasse für einige wenige Entscheidungsträger, die sich erfolgreich von der Überlebensnot befreit haben und ihre Vorteilsposition stetig ausbauen, bleiben wird. Die Herrschaft des Menschen über den Menschen wird nicht plötzlich zu Ende gebracht, nur weil mit dem Klimawandel eine globale Gefahr heraufzieht. Allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge wird es auch in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren noch privilegierte Räume in der Welt geben, selbst wenn der Meeresspiegel um einen Meter steigt, die Gletscher verschwinden, Wüsten sich ausbreiten und Grundwasserhorizonte unerreichbar tief absacken.

Im kommenden Monat werden die US-amerikanischen Geheimdienste Barack Obama den Report "Global Trends 2025" vorlegen. Laut Kelly Hearn von der "Washington Times" vom 13. November dieses Jahres erklärten Informanten, die den Bericht für die Regierung gelesen haben und namentlich nicht genannt werden wollen, daß darin dem Klimawandel "höchste Priorität" zugemessen wird [1]. Einzelheiten des Reports werden nicht genannt. Da aber in den letzten Jahren eine Reihe von Studien über die Bedeutung des Klimawandels, insbesondere mit Blick auf die nationale Sicherheit der USA [2], veröffentlicht wurden, kann man davon ausgehen, daß der neue Geheimdienstreport eine ähnliche Stoßrichtung einnehmen wird wie seine Vorgänger.

Wohingegen nicht damit zu rechnen ist, daß die Geheimdienste der USA zu dem Schluß gelangen werden, daß dem Klimawandel am besten zu begegnen wäre, wenn die USA ihren globalhegemonialen Anspruch aufgäben und die Zerstörung der Kulturen gestoppt würde, wenn die Vergesellschaftung des Menschen ins Gegenteil verkehrt und Arbeit ihrer Fremdbestimmung beraubt würde, wenn kein Mensch eines anderen Eigentum wäre und Geheimdienste, Militärs und Regierungen sich überflüssig machten, wenn sich Menschen nicht mehr gegen den anderen definierten und das Gesicht des Feindes nichts Menschliches mehr trüge. Damit wäre der Klimawandel nicht gestoppt, aber seine Folgen würden von allen getragen.

Weil all das sicherlich nicht die Schlußfolgerungen der US-Geheimdienste in ihrem Report "Global Trends 2025" sein werden, wird sich der angekündigte Wandel Barack Obamas als fortgesetzte Verschleierung des Umstands erweisen, daß die vorherrschende Eigentumsordnung vor dem Hintergrund einer künftig massiv zunehmenden Beeinträchtigung der Lebensverhältnisse durch die Folgen des Klimawandels zu einer höheren Ebene der Verfügungs- und Verwertungsverhältnisse transformiert werden soll.


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Anmerkungen:

[1] http://www.washingtontimes.com/news/2008/nov/13/us-dealing-with -security-concerns-from-change-in-c/
heruntergeladen von: http://www.cnas.org/node/535

[2] Näheres unter anderem bei den Indices KLIMA/279, /313, /314 und /339

18. November 2008