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KLIMA/399: Dürre - Adelaide braucht bald Wasser in Flaschen (SB)


Akuter Wassermangel in australischer Millionenstadt noch vor Beginn des Südsommers

Wassermangel in weniger privilegierten Weltregionen wiegt allerdings um vieles schwerer


Ein riesiger Staubsturm, der vor kurzem die größte Stadt Australiens, Sydney, heimgesucht und den Flug- und Fährverkehr zum Erliegen gebracht hat, führte noch einmal in Erinnerung, daß der Kontinent seit rund zehn Jahren unter Dürre leidet. In zentralen Landesteilen mußten landwirtschaftliche Flächen, die nur durch künstliche Bewässerung aufrechterhalten werden konnten, aufgegeben werden. Die Regierung Kevin Rudds hat ein Millionenprogramm zur Stützung der dürregeplagten Farmer aufgelegt; in einer Reihe von Städten der Bundesstaaten South Australia, Victoria, New South Wales und West Australia mußten Rationierungsmaßnahmen, teils dauerhaft, ergriffen werden; das größte landwirtschaftliche Anbaugebiet des Kontinents, ein durch die beiden Flüsse Murray und Darling beherrschtes Becken, leidet extrem unter Wassermangel; und wie die britische Zeitung "The Guardian" [1] am Montag berichtete, schlagen die Behörden von Adelaide, mit über 1,1 Mio. Einwohnern fünftgrößte Stadt des Kontinents und nahe der Mündungsregion des Murray gelegen, Alarm. Das Wasser ist verbraucht. Die Speicher sind leer. Von der kommenden Woche an müsse die Stadt mit in Flaschen abgefülltem Wasser versorgt werden.

Der Murray führt nur 25 Prozent der früher üblichen Wassermenge, zudem sind Teile des Wasser so salzig, daß die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) überschritten werden. Die Gründe für die Wasserknappheit in Adelaide sind offensichtlich: Erstens hat die durchschnittliche Niederschlagsmenge im Einzugsgebiet des Murray-Darling-Beckens abgenommen, zweitens wird das Wasser in der üppig gedeihenden Landwirtschaft verbraucht - erst mit der menschlichen Besiedlung begannen die semiariden bis ariden Gebieten zu erblühen.

Der südaustralische Abgeordnete David Winderlich erklärte, daß im Falle eines weiteren trockenen Jahres die Reservoire geleert und das Wasser zu salzig sein werde. Rund 1,3 Millionen Menschen stünden kurz davor, daß sie mit abgefülltem Wasser versorgt werden müssen. "Wir sprechen hier von einem nationalen Notstand", sagte der Abgeordnete laut dem "Guardian". Ab der kommenden Woche müßten die Behörden anfangen, Krankenhäuser, Altenheime und örtliche Supermärkte mit Plastikflaschen zu versorgen, da das Flußwasser in einigen Teilen zu salzhaltig sei. Nach WHO-Angaben sollte Trinkwasser eine elektrische Leitfähigkeit (EC) von 800 EC nicht überschreiten. In manchen Abschnitten beträgt sie 1200 EC. Die Wasserbehörde hat angekündigt, daß sie Wasser einführen wird, sobald die Salinität 1400 EC überschreitet.

Roger Strother, Vorsitzender des Cooron Councel, erklärte, daß einfach zu viele Leute dem Fluß Wasser entnehmen. Sie hätten es immer gesagt, daß eines Tages der Preis dafür bezahlt werden müsse, und in diesem Sommer sei es so weit. 83 Prozent des Wassers im Murray-Darling-Becken werden von der Landwirtschaft, und hier insbesondere für den Anbau von Reis und Baumwolle, verbraucht. In Australien herrscht zur Zeit Frühling, der Sommer steht unmittelbar vor der Tür. Dann werden der Murray und die Reservoire , deren Pegelstand bei 25 Prozent liegt, stärker denn je belastet. In manchen Jahren hat der breite Fluß nur noch als bloßes Rinnsal die Küste erreicht. Selbst die jüngsten Regenfälle haben die Versorgungslage nicht wirklich entspannt.

Der Wassermangel hat zu gewissen politischen Spannungen in dem ansonsten ruhigen Australien geführt. Die Bewohner der Mündungsregion des Murray und der Städte in Südostaustralien haben bereits Demonstrationen abgehalten und für den Erhalt der einzigartigen Küstenlandschaft im Coorong-Nationalpark geworben. Sie werfen den Farmern, die eine ausgiebige Bewässerungswirtschaft betreiben, Maßlosigkeit vor. Doch dieser Streit ist noch harmlos verglichen mit dem Konfliktpotential um Wasser in anderen Weltregionen (Naher und Mittlere Osten, zentralasiatisches Hochland, Nordchina, Andenregion Südamerikas, Rio Grande an der Grenze zwischen Mexiko und den USA). Die wirtschaftlichen Einbußen Australiens sind noch erträglich verglichen mit der existentiellen Not, die Wassermangel in weniger privilegierten Weltregionen auslöst.

Die Teilnehmer der gegenwärtigen Klimakonferenz in Bangkok, die um ein internationales Vertragswerk zum Klimaschutz ab 2012 feilschen, sprechen zwar nicht unmittelbar über Wasserverfügbarkeit und wie sie für alle Menschen gewährleistet werden kann, aber doch zumindest indirekt. Vor dem Hintergrund des Klimawandels geht es immer auch um die Grundversorgung der Menschen ... sollte es zumindest. Wenn allerdings die heutige Weltwirtschaftsordnung zur Handlungsgrundlage genommen wird - und die Bestrebungen der Politiker im Vorfeld der entscheidenden Klimakonferenz von Kopenhagen lassen nichts anderes erkennen -, dann werden in den nächsten Jahren nicht eine Milliarde Menschen hungern, sondern sehr viel mehr, und es werden nicht rund zwei Milliarden Menschen in keinen ausreichenden hygienischen Verhältnissen leben, sondern weitaus mehr. Die Verstädterung nimmt zu, nicht aber mit der gleichen Geschwindigkeit der Ausbau der städtischen Infrastruktur.

Die Bewohner des rund eine Million Einwohner zählenden Slums Kibera in der kenianischen Hauptstadt Nairobi, der fast so viele Einwohner hat wie Adelaide, können nur davon träumen, bei Wassermangel mit Flaschen versorgt zu werden. An diesem Vergleich wird deutlich, daß die drohende Wassernot in einem wohlhabenden Land noch immer harmlos ist in Relation zu dem bestehenden akuten Wassermangel in anderen Weltregionen. Die Klimaverhandlungen in Bangkok erwecken nicht den Eindruck, als solle dieser Mißstand ernsthaft in Angriff genommen werden. Anders gesagt, es wird darüber diskutiert, wie die heutigen Wohlstandsregionen ihre Vorteile auch in einer Welt zunehmend knapper werdender Ressourcen und großflächiger, die Tragfähigkeit überstrapazierter Regionen bewahren können.


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Anmerkungen:

[1] "Adelaide latest victim of global water shortages", The Guardian, 28. September 2009
http://www.guardian.co.uk/environment/2009/sep/28/adelaide-water-drought

29. September 2009