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RESSOURCEN/116: USA - Weniger Geld für den Naturschutz (SB)


Eine Frage der Priorität

US-Landwirtschaftsministerium reduziert Förderung privater Naturschutzmaßnahmen drastisch


Eine Regierung, die ihre Schulden abbauen will, wird abwägen, welcher Haushaltsposten verringert oder erweitert, beibehalten oder umdeklariert werden soll. Hinter der jeweiligen Entscheidung stecken Erwartungen, die sich konkreten Interessen zuordnen lassen. Beispielsweise sieht der Haushaltsentwurf 2011 der US-Regierung Mehrausgaben im Bereich des Militärischen vor, aber eine Reduzierung des Naturschutzes. Um mehr als eine halbe Milliarde Dollar soll das Budget des Landwirtschaftsministeriums (USDA) für Programme zur Bewahrung der Natur - "conservation programs" - reduziert werden. Eine Entscheidung, die von der Umweltorganisation Environmental Defense Fund (EDF) kritisiert wird. [1]

Der 1967 gegründete Umweltfonds zählt mehr als 700.000 Mitglieder und gilt als einer der führenden nationalen Naturschutzvereinigungen der USA. Er bietet Lösungen für Umweltprobleme an, wobei eigenem Bekunden zufolge Wissenschaft, Wirtschaft, Recht und innovative Privatsektor-Partnerschaften miteinander verbunden werden. Daß die Regierung vor harten Entscheidungen steht, um die Schulden abzutragen, sei klar, sagte EDF-Mitarbeiterin Sara Hopper, aber die Konservierungsprogramme hätten private Investitionen in sauberes Wasser und saubere Luft sowie in die Verbesserung von Habitaten für Wildtiere gefördert. Das sei dem Steuerzahler zugute gekommen.

Das Landwirtschaftsministerium hatte Farmer, Rancher und private Waldbesitzer, die aus privater Initiative heraus Naturschutzmaßnahmen vornehmen, aus einem gesonderten Topf Gelder zukommen lassen. Diese konnten ein Anreiz sein, einen Wald oder ökologisch wertvollen Bruch nicht zu roden, ein Moor oder Sumpf zu bewahren, Weideland nicht durch industrielle Landwirtschaft zu überprägen, und für vieles mehr. Nach Jahren der Verhandlungen im Kongreß wurde zu diesem Zweck im Farm Bill 2008 eine Summe von vier Milliarden Dollar, verteilt über fünf Jahre, ausgewiesen. Dementsprechend schwer enttäuscht ist die EDF, daß die Regierung so kurz nach der Einführung des Farm Bills die Investitionen in den Naturschutz bereits wieder reduziert.

Jedes Jahr wenden sich viele Landwirte an das USDA und stellen Anträge auf Unterstützung von Umweltschutzmaßnahmen, doch werden laut EDF zwei von drei Anfragen, alles in allem 50.000 Anträge, abgewiesen. Im neuen Haushaltsentwurf wird zwar zehn Prozent mehr Fläche eingebunden als 2010, aber finanziell wird das Programm verringert.

Den Naturschutzprogrammen kommt in den Vereinigten Staaten auch deshalb eine größere Bedeutung zu, weil Farmer, Rancher und private Waldbesitzer mehr als die Hälfte der Landfläche managen. Dementsprechend üben sie einigen Einfluß auf den Zustand der Naturlandschaft aus. Mit der Streichung von über 500 Millionen Dollar aus dem USDA-Budget für Naturschutzprogramme trifft die Obama-Administration eine Richtungsentscheidung. Die natürlichen Ressourcen werden stärker denn je den Anforderungen einer auf kurzfristige Vorteile zielenden Ökonomie unterworfen. Das US-Landwirtschaftsministerium streicht die rund 500 Mio. Dollar für den Naturerhalt durch Farmer, Rancher und private Waldbesitzer, verwendet aber beispielsweise 234,5 Mio. Dollar zur Subventionierung von 70 Handelsunternehmen, damit sie amerikanische Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse in Übersee veräußern. [2] Ironischerweise wird die Exportsubventionierung wie auch die rigide Reduzierung des Naturschutzprogramms mit den Folgen der globalen Finanzkrise begründet. Landwirtschaftsminister Tom Vilsack machte bei der Präsentation des Haushalts 2011 seines Ministeriums recht deutlich, wo künftig die Prioritäten liegen:

"Wir werden die Produktion von Nahrung, Futter, Fasern und Treibstoff ebenso fördern wie den Export von Nahrung und landwirtschaftlichen Produkten, und wir arbeiten daran, die agrikulturelle Ökonomie der Farmer und Rancher zu stärken." Es bestehe kein Zweifel, daß "diese harten Zeiten nach geteilten Opfern rufen", sagte er. [3] Aufrührende Worte, die allerdings verleugnen, daß die Regierung Prioritäten setzt. Naturverwertung tritt an die Stelle des Naturschutzes. Dieser stellt zwar ebenfalls eine Form der Verwertung dar, aber eine, die auf die Bewahrung von natürlichen Ressourcen abzielt und nicht auf ihren endlichen Verbrauch.

Nach Einschätzung des Earth Policy Instituts in Washington wurde im vergangenen Jahr rund 25 Prozent der Maisernte zu Biosprit verarbeitet. Der Trend, Pflanzen und pflanzliche Rohstoffe zu Treibstoff zu verarbeiten, wird in den nächsten Jahren weiter ausgebaut. Auch wenn eine solche Verwertung von Mais und anderen Getreidesorten in Konkurrenz zur Produktion von Nahrung und Viehfutter steht und als einer von mehreren Faktoren dazu beigetragen hat, daß es in den Jahren 2007, 2008 zu einer weltweiten Preisexplosion für Nahrungsmittel kam, tritt die US-Regierung nicht von ihren Plänen zurück.

Forscher setzen zwar auf Biosprit der zweiten Generation, der aus pflanzlichen Abfällen gewonnen werden soll, aber hier wäre genau zu prüfen, ob darunter nicht die Bodenqualität leidet, wenn der organische Eintrag vorher abgegriffen wird. Und es wäre zu fragen, inwiefern Lebensräume durch die Verarbeitung vermeintlichen Abfalls (Strauch- und Buschwerk, Holzreste, etc.) in ihrer ökologischen Vielfalt verarmen.

Möglicherweise wird durch den Biosprit-Hype und die zugespitzte Ökonomisierung der Naturressourcen eine Entwicklung eingeleitet, die langfristig ähnlich schwerwiegende Folgen zeitigt wie einst im Römischen Reich die Entwaldung ganzer Landstriche für den Bau von Schiffen, mit denen neue Eroberungszüge unternommen wurden, die das Imperium zusammenhalten sollten. Dazu paßt, daß die US-Streitkräfte, allen voran die Navy, ihre Abhängigkeit von importierten Energieträgern stark reduzieren und Biosprit als Ersatz verwenden wollen.


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Anmerkungen:

[1] "Presidential Budget´s Proposed $500 Million+ Cut to USDA Conservation Programs Opposed by Conservation Group", Environmental Defense Fund, 2. Februar 2010
http://world-wire.com/news/1002020002.html

[2] "Agriculture Secretary Tom Vilsack Announces Millions to Promote U. S. Food and Agricultural Exports", Foreign Agricultural Service des USDA, 26. Januar 2010
http://www.fas.usda.gov/scriptsw/PressRelease/pressrel_dout.asp?Entry=valid&PrNum=0027-10

[3] "Statement from Agriculture Secretary Tom Vilsack on the Proposed FY2011 Budget", 1. Februar 2010
http://www.usda.gov/wps/portal/!ut/p/_s.7_0_A/7_0_1OB?contentidonly= true&contentid=2010/02/0043.xml

12. Februar 2010