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RESSOURCEN/217: USA - Geköpftes Leben ... (SB)



Kohletagebau auf mehreren Ebenen auf einer Bergkuppe, ein ungeteerter Weg schlängelt sich durch den Aufschluß - Foto: JW Randolph, gemeinfrei

Mountaintop Removal
Foto: JW Randolph, gemeinfrei

In den Appalachen werden die Kuppen der Berge weggesprengt, um eine Schicht mit Kohle freizulegen und diese abzubauen. Mit dem Abraum werden die Täler befüllt. Beides ist extrem umweltschädlich. Darüber hinaus hat in Folge unter anderem der Staubbelastung und Trinkwasserverseuchung durch den Bergbau unter den Arbeitern und ihren Familien die Zahl an Herz-, Nieren- und Atemwegserkrankungen und Krebsfällen sowie die Häufigkeit von Geburtsfehlern überdurchschnittlich zugenommen. Jetzt berichten Forscher der Duke-Universität und der Umweltorganisationen SkyTruth und Appalachian Voices im peer-reviewten Journal PLOS ONE [1], daß heute dreimal soviel Gestein abgetragen wird, um die gleiche Menge an Kohle zu gewinnen, wie in den 1980er Jahren. Rechnerisch wurden damals 10 m² abgetragen, um eine Tonne Kohle zu produzieren. 2015 waren es 30 m².

Zwischen 1985 und 2015 wurden in den zentralen Appalachen 2.900 km² Bergkuppen beseitigt. Ergänzt um weitere Datensätze, die zwischen Mitte der 1970er Jahre und 1984 erfaßt wurden, ergibt sich eine Gesamtfläche von 5.900 km². Das entspricht mehr als der doppelten Fläche das Saarlands und macht 7,2 Prozent des Territoriums der zentralen Appalachen aus.

Bei der Untersuchung wurden eine Vielzahl von Satellitenbildern und Aufnahmen von Google Earth ausgewertet. Nicht erforscht wurde, daß die Umweltauswirkungen weit über die reinen Tagebauflächen hinausgehen. Das heißt, daß ein viel größerer Teil der Landschaft geschädigt ist, als es die Angaben zum unmittelbaren Bergbauareal nahelegen. Beispielsweise wurden nicht nur Hunderte von Bergkuppen weggesprengt, sondern es wurden auch weit über 1000 Kilometer Flußläufe mit Abraum zugeschüttet. Die verbliebenen Gewässer und Seen werden mit Umweltschadstoffen wie Selen, Quecksilber, Arsen und Aluminium kontaminiert. Auch das könnte man in eine Rechnung über die Schäden des Mountaintop Removal einbeziehen. Außerdem wird der Staub des Bergbaus und des Transports der Kohle teils mehrere Kilometer davongeweht.

Politik und Industrie verharmlosen den Kohleabbau mit dem gleichen Argument, mit dem in Deutschland die Devastierung ganzer Dörfer und Landschaften für den Braunkohletagebau verharmlost wird: Am Ende des Tages, wenn die Kohle ausgeschöpft ist, werden die Abraumhalden wieder renaturiert. Was nicht dazu gesagt wird: Die renaturierte Landschaft unterscheidet sich fundamental von der ursprünglichen Landschaft, und Menschen wurden in großer Zahl geschädigt. Je aufwendiger es wird, die Kohle aus dem Berg zu holen, desto größer werden die Umwelt- und Gesundheitsfolgen sein und desto schlechter fällt die Klimabilanz dieser Form der Energiegewinnung aus.

Ökonomisch gerechnet ist es in den zentralen Appalachen günstiger, die Bergkuppen abzutragen und die Kohle im Tagebau zu fördern, anstatt Bergwerksstollen anzulegen und unter Tage zu arbeiten. Doch welche Form des Bergbaus auch immer verwendet wird, die Kohle muß im Boden bleiben, fordern zahlreiche Umweltschutzgruppen dies- und jenseits des Atlantiks mit Blick auf die klimatische Entwicklung. Ansonsten werde die globale Erwärmung immer stärker angeheizt.

Das sehen US-Präsident Donald Trump und sein Kabinett nicht ein. Sie wollen Amerika auf eine Weise "great" machen, durch die die Lebensvoraussetzungen von Millionen, wenn nicht Milliarden Menschen gefährdet werden. Ein Beispiel von vielen, an denen diese lebensverachtende Einstellung deutlich wird, ist eine Anordnung des US-Innenministeriums vom 18. August 2017, daß die National Academy of Sciences [2] eine laufende Studie über die gesundheitlichen Auswirkungen des Mountaintop Removals abzubrechen habe.


Foto: Matt Wasson, Appalachian Voices, CC BY 2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/]

So sehen "renaturierte" Bergkuppen aus: Das abfließende Wasser ist rot, also offensichtlich extrem eisenhaltig. Wahrscheinlich enthält es auch Schwermetalle oder toxische Metalle wie Selen, Quecksilber und Mangan.
Magoffin County, Kentucky, 18. April 2010
Foto: Matt Wasson, Appalachian Voices, CC BY 2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/]


Fußnoten:


[1] http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0197758

[2] http://www8.nationalacademies.org/onpinews/newsitem.aspx?RecordID=8212017


27. Juli 2018


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