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WALD/035: Hambacher Forst - Drohungen (SB)


Hambacher Forst - 9. Januar 2013

Einschüchterungsversuche gegen das Wiesencamp


Bilder der besetzten Wiese im Schnee mit Zelten und Wohnwagen, im Vordergrund ein Transparent 'Jetzt aufbäumen für Wald und Klima' - Foto: © 2012 Herbert Sauerwein

Das Wiesenprotestcamp im Dezember - nun sollen vermeintliche Baurechtsverstöße eine Räumung rechtfertigen
Foto: © 2012 Herbert Sauerwein

"Jetzt aufbäumen für Wald und Klima" - Diese Aufforderung hat aus Sicht der Braunkohlegegnerinnen und -gegner nichts an Aktualität, Begründung und Berechtigung verloren, mehren sich doch die Zeichen, die eine womöglich in gar nicht mehr ferner Zukunft drohende polizeiliche Räumung des nahe des Hambacher Forstes errichteten Protestwiesencamps befürchten lassen. Ausschlaggebend dafür ist die seitens des Bauamtes des Kreises Düren dem Besitzer dieses Grundstücks bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist, zu der ihm angekündigten Ordnungsverfügung Stellung zu nehmen.

Bislang hatte sich der Kerpener Bürger entschlossen gezeigt, sich der ihm allem Anschein nach bevorstehenden Verfügung, durch die ihm unter Androhung von Zwangsmitteln auferlegt werden soll, für die Räumung des Wiesencamps zu sorgen, nicht zu beugen. Die Besetzer und Besetzerinnen des bereits zweiten, gegen die zum Zwecke einer Erweiterung des Braunkohletagebaus beschlossene Rodung weiterer großer Teile des Hambacher Forstes gerichteten Camps scheinen ebenfalls damit zu rechnen, in Bälde unliebsamen Besuch zu bekommen. Auf ihrem Blog hieß es unter dem Titel "Wie geht es weiter auf der Wiese?" [1]:

Nun fragen sich viele, was nach dem 10.01. passieren wird. Rechtmäßig reicht diese Frist nicht aus, um danach zu räumen. Dafür wäre zumindest eine weitere Frist mit Einspruchsmöglichkeit nötig. Aber da sich die Behörden im Rheinland in letzter Zeit recht wenig danach richteten, was rechtmäßig ist, schließt das eine Räumung trotzdem nicht aus.
Es gilt also wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit. Checkt täglich diesen Blog. Schickt uns eine E-Mail, falls ihr auf unseren sms-Räumungsverteiler eingetragen werden wollt. Überlegt euch, was ihr im Falle eine Räumung machen wollt. Und am besten: Kommt auf der Wiese vorbei.
Der Besitzer des Camp-Grundstücks wird von der Polizei abgeführt - Foto: http://hambacherforst.blogsport.de/

Ein Bild ging durch die Medien - Am 20.11.2012 wurde der Eigentümer auf seiner eigenen Wiese als vermeintlicher Störer festgenommen
Foto: http://hambacherforst.blogsport.de/

Der Grundstücksbesitzer hat bereits am 20. November 2012 einschlägige Erfahrungen mit der Staatsgewalt machen können. Wie er in einem an seine "Mitstreiter" gerichteten und dem Schattenblick vorliegenden Schreiben heutigen Datums mitteilte, habe die zuständige Gemeinde bereits vor Wochen wesentliche Zufahrten zu seinem Grundstück durch tonnenschwere Betonklötze sogar für den Fahrradverkehr abgesperrt, weshalb sich das Wiesencamp in einer Art Belagerungszustand befände.

Am vergangenen Samstag sei er im Wald zwei Befürwortern eines nahegelegenen Energiekonzerns begegnet, die ihm gegenüber erklärt hätten, diese Leute - gemeint waren die protestierenden Braunkohlegegnerinnen und -gegner des Camps - nicht hierhaben zu wollen. Einer von ihnen hätte gegenüber dem Grundstücksbesitzer seine "Sorge" um die Besetzer formuliert, weil er befürchten würde, bei der Wildschweinjagd einen von ihnen versehentlich mit seinem Jagdgewehr zu treffen.

Er habe, so der Kerpener Bürger in seinem Schreiben, die Angelegenheit zunächst auf sich beruhen lassen wollen. Dieser Vorgang lasse ihm jedoch, wie er weiter schrieb, keine Ruhe und habe unter Berücksichtigung der Gesamtumstände eine unerwartete Wirkung auf seine Entscheidungsfindung bei der angedrohten Räumung des Camps gehabt.

Er wisse nun nicht mehr, wie es weitergehen solle, so der mutige Bürger, auf den ein solcher Einschüchterungsversuch allem Anschein nach seine beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt hat. Er möchte, wie seinem Schreiben zu entnehmen ist, keineswegs in Kauf nehmen, daß Leib und Leben der Camper gefährdet werden und frage, ob eine solche Gefährdung für die Inanspruchnahme des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung, für das die Wiese und das Protestcamp zu Symbolen geworden seien, in Kauf genommen werden müsse?


Fußnote:

[1] Wie geht's weiter mit der Wiese? Meldung des "Hambacher Forst" vom 8. Januar 2013
http://hambacherforst.blogsport.de/

Weitere Informationen:
http://hambacherforst.blogsport.de/


Zum Hambacher Forst siehe im Schattenblick auch:

SCHATTENBLICK → INFOPOOL → POLITIK → KOMMENTAR:
RAUB/1047: Helden der Zerstörung gegen Outlaws der Utopie (SB) (18.11.2012)
www.schattenblick.de/infopool/politik/kommen/raub1047.html

SCHATTENBLICK → INFOPOOL → UMWELT → MEINUNGEN:
LAIRE/209: Waldgrenze, Ödfraß und Profit ... (SB) (13.11.2012)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/meinunge/umme0207.html

SCHATTENBLICK → INFOPOOL → UMWELT → REPORT:
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/ip_umwelt_report_bericht.shtml
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/ip_umwelt_report_interview.shtml

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10. Januar 2013