Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → TICKER


WALD/163: Hambacher Forst - nur friedlich aus der Welt zu schaffen ... (Initiative Buirer für Buir)


Initiative Buirer für Buir - 22. April 2016

Offener Brief der Initiative Friedensplan an RWE-Vorstand Peter Terium


Im März hatte ein breites Bündnis verschiedener Organisationen, Parteien, Initiativen und Einzelpersonen, darunter auch die Initiative Buirer für Buir, in einem Schreiben an den RWE-Power-Vorstand Matthias Hartung ein Gesprächsangebot zur Konfliktlösung im Hambacher Forst unterbreitet. Die Reaktion von RWE Power war enttäuschend.

Deshalb wendet sich nun dieses Bündnis mit einem offenen Brief an den RWE-Vorstandsvorsitzenden Peter Terium, an die Damen und Herren im RWE-Vorstand und Aufsichtsrat sowie die Landesregierung mit der Bitte, den Friedensplan zu unterstützen.


OFFENER BRIEF

Herrn Peter Terium
RWE Vorstand
Opernplatz 1
45128 Essen

22.4.2016

Friedensplan für den Hambacher Forst -
"RWE Power Vorstandsvorsitzender Hartung lässt klare Linie zum Friedensplan Hambach vermissen - Vielstimmigkeit und Unklarheiten aus dem Hause RWE verhindern weiteren Dialog"


Sehr geehrter Herr Terium,
sehr geehrte Damen und Herren im RWE Vorstand und Aufsichtsrat,
sehr geehrte Damen und Herren der nordrhein-westfälischen Landesregierung,

seit einigen Monaten eskaliert der Konflikt um die Braunkohle im Rheinischen Revier. Im Vordergrund stehen dabei die Auseinandersetzungen rund um den Hambacher Forst, wo BaumschützerInnen aktuell mehrere Bäume sowie eine Wiese (vom Eigentümer geduldet) besetzt halten, und wo es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit RWE-Mitarbeitern oder RWE-Dienstleistern, z.B. Security- oder Rodungsunternehmen, sowie der Polizei kommt.

Diese Auseinandersetzungen haben viele Ursachen und werden aus unterschiedlichen Interessen forciert. Wir und viele andere Menschen sehen diese Entwicklung mit großer Sorge. Bei allem Engagement, bei allen unterschiedlichen Motivationen und Überzeugungen kann keinem der am Konflikt Beteiligten daran gelegen sein, dass Menschen zu Schaden kommen. Es mag auf beiden Seiten Einzelne geben, für die das nicht zutrifft.
Für diese Personen können und wollen wir nicht sprechen.

Dieser zunehmend gefährlichen Entwicklung wollten der Landrat des Kreises Düren, Herr Wolfgang Spelthahn, sowie der Vorsitzende der Kreistagsfraktion vom Bündnis 90/Die Grünen des Kreises Düren, Bruno Voss, entgegenwirken und haben daher am 27. Januar 2016 via Presse ihre Idee von einem Friedensplan für den Hambacher Forst veröffentlicht. Im Anschluss daran haben wir uns in sehr langen und intensiven Gesprächen über Wochen hinweg getroffen, uns ausgetauscht und konstruktive Vorschläge für Voraussetzungen für Sondierungsgespräche zum Friedensplan erarbeitet. Ein breites Bündnis von Organisationen und Menschen, u.a. beide christlichen Kirchen, politische Parteien, Verbände, Initiativen und Einzelpersonen hat am 22. März 2016 ein gemeinsames Positionspapier verabschiedet. Ziel war es, eine Spirale der Gewalt zu unterbinden und in einen Prozess zu einem konstruktiven Dialog einzusteigen. Dieses Positionspapier wurde bewusst öffentlich gemacht, damit die Friedensbemühungen möglichst frühzeitig sichtbar und am besten sogar spürbar werden. Die Resonanz in der regionalen Presse und den sozialen Medien war beeindruckend. Offenbar besteht bei den im Tagebauumfeld lebenden Menschen ein ausgeprägtes Bedürfnis nach einer solchen Friedensbemühung.
Das Positionspapier wurde mit Schreiben vom 22. März 2016 direkt an den Vorstand von RWE Power Herrn Matthias Hartung adressiert, mit der Bitte um eine persönliche Stellungnahme.

Die Antworten seitens der RWE-Presseabteilung, einzelner RWE-Vertreter (mit unklarer Legitimation) und des RWE-Betriebsrates waren vielstimmig und zum Teil mit unterschwelligen, teils sogar persönlichen Angriffen durchsetzt. Bemerkenswert waren einige, über die regionale Presse lancierte Reaktionen, die versuchten, das Bündnis als Unterstützer krimineller Menschen und/oder Aktionen zu stigmatisieren. Leider beteiligten sich daran auch Mitglieder des NRW-Landtages und des Bundestages.

Herr Hartung selbst hielt es lange nicht für nötig den an ihn gerichteten Brief zu beantworten. Erst nach einer Erinnerung vom 07.04.2016 schrieb er am 14.04.2016, dass er den Inhalt eines Schreibens eines seiner Untergebenen an die Landtagsabgeordnete Gudrun Zentis voll inhaltlich teile. Ein respektvoller Umgang mit den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Positionspapiers sähe anders aus!

RWE brach das stillschweigende Stillhalteabkommen, das nach Bekanntwerden des Vorschlags von Herrn Spelthahn und Herrn Voss bestand, mit massiven Baumfällarbeiten am 29.02., dem letzten Tag der Rodungssaison, und einer großangelegten Aktion im Hambacher Forst am 14.03.2016, wo - mit massiver Unterstützung der Polizei und des Staatsschutzes - Rodungen außerhalb der vorgeschriebenen Rodungsperiode stattfanden, um Infrastrukturen für zukünftige Tagebauabschnitte zu schaffen.
Eine zeitliche Notwendigkeit dieser Maßnahmen ist für uns nicht erkennbar, warum gegen das Rodungsverbot verstoßen wurde, erst recht nicht.

Unterstützt von Mitgliedern des NRW-Landtages, ruft zeitgleich eine Pro-Braunkohle-Initiative ("Unser Revier - Unsere Zukunft"), die sich Bürgerinitiative nennt, aber überwiegend aus bereits im Betriebsrat und der IGBCE organisierten RWE-Mitarbeitern und Mitarbeitern im Ruhestand besteht, zu einer Demonstration gegen Energiewende, Klimaschutz und vor allem gegen den "kriminellen" Braunkohlenwiderstand ("Ökoterroristen") auf. In diversen Schreiben dieser "RWE-Aktivisten", übrigens auch im RWE-Nachbarschaftsmagazin "hier", erfolgt wieder einmal und weiterhin eine undifferenzierte Kriminalisierung aller braunkohlekritischen Menschen. Das Wort Aktivist und Umweltaktivist wird ständig im Zusammenhang mit Straftaten, Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, etc. verwendet und so von RWE zum Schimpfwort degradiert. Das ist für eine mögliche Befriedung kontraproduktiv. Ganz zu schweigen von den teils menschenverachtenden Postings auf Facebook-Gruppenseiten von RWE-Mitarbeitern, die immer wieder Gewaltandrohungen bis hin zu Morddrohungen oder übelste Hetze beinhalten und in Teilen unsere demokratischen und freiheitlichen Errungenschaften wie Pressefreiheit, legislative Verantwortungen, etc. in Frage stellen.

Wir bitten Sie, Herr Terium, sich einzusetzen für eine klare Position des RWE Konzerns im Ringen um eine friedliche Auseinandersetzung im Braunkohle-Konflikt. Damit RWE nicht weiterhin wie die "Titanic Kurs auf den Eisberg" nimmt, bitten wir Sie gemeinsam mit uns und den politisch Verantwortlichen in den Kreisen, im Land NRW und im Bund, nach Lösungen für einen sofortigen Einstieg in einen geordneten Ausstieg aus der Braunkohle zu suchen: mit einem in diesem Jahr beginnenden, längst überfälligen Strukturwandel. Hier spielt die Fläche des Hambacher Forstes eine bedeutende Rolle. Ein Moratorium zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein erstes Zeichen für Ihre Bereitschaft zur friedlichen Auseinandersetzung.
Es geht hierbei nicht nur um Dialogbereitschaft - es geht um ein Aufeinander-Zugehen, um Respekt und Augenhöhe. Es gilt, die kritischen Stimmen ernst zu nehmen und nicht zu kriminalisieren. Es gilt, die Energiewende voran zu treiben - und nicht zu verhindern, wie dies von den Interessenvertretern der Kohle versucht wird.
Ja, und es gilt auch den sozialen Frieden im Revier zu sichern.

Wir bitten Sie als Mitglieder des Aufsichtsrates und als Verantwortliche in der Landesregierung mit Ihren Möglichkeiten positiv auf RWE einzuwirken, um weitere Eskalationen zu vermeiden, um unsere Heimat nicht Spielball in einem Interessenkonflikt werden zu lassen, der auf anderer Ebene, nämlich durch die politisch Verantwortlichen, zu lösen ist.

Nehmen Sie dieses Schreiben als Bitte, den Friedensplan mit Worten und Taten, durch unterstützendes Handeln Ihrerseits zu ermöglichen. Nehmen Sie es als unseren Wunsch, sich kritisch und konstruktiv und vor allem friedlich mit diesem unfriedlichen Thema auseinander zu setzen.

Wir haben dieses Schreiben bewusst als öffentlichen Brief gehalten und werden Ihre Antwort/en ebenfalls veröffentlichen, um den betroffenen Menschen in unserer Region zu diesem Thema mit größtmöglicher Transparenz und Vertrauen begegnen zu können.

In Erwartung Ihrer Antwort und mit freundlichen Grüßen,

Gerhard Kern
für das Bündnis "Initiative Friedensplan"


LINK zu: Voraussetzungen für Sondierungsgespräche für einen Friedensplan im Hambacher Forst im Rheinischen Braunkohlenrevier
http://www.buirerfuerbuir.de/images/pdf/sondierung.pdf

Den offenen Brief als PDF-Datei finden Sie unter:
http://www.buirerfuerbuir.de/images/pdf/Brief_Terium.pdf

*

Quelle:
Initiative Buirer für Buir, Kerpen-Buir
E-Mail: info@buirerfuerbuir.de
Internet: www.buirerfuerbuir.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang