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FORSCHUNG/515: Neubildung von Grundwasser exakter berechnen (idw)


Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau - 28.02.2017

Neubildung von Grundwasser exakter berechnen

Wissenschaftler zeigen, dass bisherige Modelle die Heterogenität des Untergrunds teils unzureichend berücksichtigen


Eine internationale Forschungsgruppe um den Hydrologen Dr. Andreas Hartmann von der Universität Freiburg hat nachgewiesen, dass Berechnungen zur Verfügbarkeit von Wasser und zur Abschätzung der Folgen des Klimawandels stark verbessert werden können, wenn in großskaligen Modellen wichtige hydrologische Prozesse berücksichtigt werden - etwa wie durchlässig Gestein und Erde an manchen Stellen sind. Die Studie zeigt, dass für etwa 560 Millionen Menschen in Europa, Nordafrika und im Mittleren Osten potenziell mehr Grundwasser pro Kopf zur Verfügung stünde als bislang von großskaligen Modellen angenommen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen darauf hin, dass bisherige, auf ganze Kontinente bezogene Modellrechnungen die Menge des Grundwassers, das sich aus Teilen des versickernden Niederschlags neu bildet, teilweise stark unterschätzen. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass großskalige hydrologische Modelle weitere Verbesserungen benötigen, bevor sie für lokales Wassermanagement eingesetzt werden können. Das Team hat seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht.


Foto: © Matías Mudarra, Universität Malaga/Spanien

Eine Karstlandschaft in Andalusien, Südspanien.
Foto: © Matías Mudarra, Universität Malaga/Spanien

Grundwasser ist in vielen Regionen weltweit eine lebenswichtige Ressource. Die Rate seiner Neubildung ist für das Trinkwassermanagement eine wichtige Größe, um eine nachhaltige Versorgung sicherzustellen. Die Wissenschaftler haben zwei Modelle, welche die Grundwasserneubildung modellieren, miteinander verglichen: ein globales, das schon länger etabliert ist, aber die Heterogenität des Untergrunds nur beschränkt berücksichtigt, und ein selbst entwickeltes kontinentales, das beispielsweise die variable Dicke des Bodens und die unterschiedliche Wasserdurchlässigkeit des Untergrunds mit einbezieht. Den Vergleich haben sie für alle Karstregionen Europas, Nordafrikas und des Mittleren Ostens vorgenommen. Diese sind für ihre starke Heterogenität des Untergrunds bekannt, weil Karbonatgestein eine starke Tendenz zur chemischen Verwitterung - als Verkarstung bezeichnet - aufweist, was unter anderem zu unterschiedlichen Bodentiefen und Durchlässigkeiten führt. Ein Vergleich der Modellrechnungen mit unabhängigen Beobachtungen der Grundwasserneubildung an 38 Orten in den Regionen hat gezeigt, dass das Modell, das die Heterogenität berücksichtigt, realistischere Abschätzungen hervorbringt.

Die Forscherinnen und Forscher erklären den Grund für den Unterschied zwischen den beiden Modellen: Das von den Wissenschaftlern neu entwickelte zeigt in der Simulation weniger Oberflächenabfluss und eine geringere Verdunstung - und damit mehr Grundwasserneubildung. Ein Bauer in der mediterranen Region würde dem neuen Modell zufolge potenziell bis zu eine Million Liter Grundwasser zur Förderung im Jahr mehr zur Verfügung stehen als nach dem etablierten Modell - abhängig von der tatsächlichen Beschaffenheit des Untergrunds und dem Wasserbedarf des Ökosystems vor Ort.

Die Wissenschaftler zeigen mit ihrem Ansatz am Beispiel der Karstregionen, wie es möglich sein kann, globale Modelle, die unter anderem zur Prognose von Wassermangel, Trockenheit oder Hochwasser eingesetzt werden, realistischer an regionale Gegebenheiten anzupassen. An der Studie waren Forscher der Universität Freiburg, der Victoria University in Kanada, der University of Bristol in England sowie des International Institute for Applied Systems Analysis in Österreich beteiligt.

Originalveröffentlichung:
Hartmann, A., Gleeson, T., Wada, Y., Wagener, T., 2017. Enhanced groundwater recharge rates and altered recharge sensitivity to climate variability through subsurface heterogeneity. In: "Proceedings of the National Academy of Sciences"; doi:10.1073/pnas.1614941114.

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2017/pm.2017-02-28.25

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news668639
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution69

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, Rudolf-Werner Dreier, 28.02.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2017

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