NATURSCHUTZ heute - Sommer 2021
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.
ARGUMENTE
Sauberes Wasser, schmutziges Wasser
Wird auch in Deutschland das Wasser knapp? Zum Umgang mit einem
Überlebens-Mittel
von Helge May
Der Mensch besteht zu etwa 65 Prozent aus Wasser. Als Bestandteil von Zellen und Geweben formt Wasser unseren Körper. Als Kühlmittel verhindert es beim Schwitzen, dass die Körpertemperatur gefährlich ansteigt. Wasser ist zudem Transportmittel für Zucker, Salze und Mineralstoffe, umgekehrt auch für Reinigungs- und Ausscheidungsprozesse. Da wir unter anderem über Schweiß und Urin ständig Wasser abgeben, muss regelmäßig "nachgefüllt" werden.
Trinken, kochen, reinigen - Auch andere Stoffe sind schwer verzichtbar, doch zweifellos ist Wasser das wichtigste Lebensmittel und seine Verfügbarkeit eine Frage des Überlebens. In Deutschland sind wir in der glücklichen Lage, dass bisher Wasser im Prinzip im Über vorhanden ist. Die Herausforderung ist, immer zum gewünschten Zeitpunkt und am gewünschten Ort, in der gewünschten Güte ausreichend Wasser zu haben. Die höchsten Qualitätsanforderungen stellt Trinkwasser - das wir nicht nur trinken, sondern auch zum Kochen oder Reinigen und zur Körperpflege nutzen. Diese Anforderungen zu erfüllen, wird immer aufwändiger. "Trotz umfangreicher rechtlicher Vorgaben ist eine gleichbleibend hohe oder steigende Belastung der Trinkwasserressourcen, zum Beispiel durch Nitrat oder Spurenstoffe, zu beobachten", stellt der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) fest. "De facto wird der konventionellen Landwirtschaft derzeit ein höherer Stellenwert eingeräumt als dem Schutz der Trinkwasserressourcen", nennt der DVGW als einen wesentlichen Grund.
"Ein ressourcenschonender, nachhaltiger Umgang mit Wasser sowie eine erhöhte Selbstschutz- und Selbsthilfefähigkeit in der Bevölkerung bei extremen Wetterlagen ist bereits heute sehr angezeigt."
Armin Schuster, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
Ein halber Cent je Liter - Auch der Bundesverband der Energie-
und Wasserwirtschaft betont, dass ohne Änderung der
landwirtschaftlichen Düngepraxis die Aufbereitung immer schwieriger
werde. Der Einbau von Denitrifikationsanlagen würde den
Trinkwasserpreis um bis zu 60 Prozent verteuern. Noch ist
Leitungswasser mit einem halben Cent je Liter - einschließlich
Abwassergebühr - im Vergleich zu anderen Getränken enorm günstig.
In Deutschland sind über 96 Prozent der Bevölkerung an die öffentliche
Kanalisation angeschlossen, das ist Europarekord. Inzwischen arbeiten
fast alle der bundesweit 10.000 Kläranlagen dreistufig also mit
biologischem Abbau von Stickstoff und Phosphor.
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Info
Wassermengen
In Deutschland fallen pro Jahr zwischen 550 und 1.000 Liter Regen pro
Quadratmeter. Im langjährigen Durchschnitt sind es rund 750 Liter -
bei starken regionalen Unterschieden. Insgesamt macht das die
unvorstellbare Menge von 200 bis 350 Milliarden Kubikmetern Wasser
(ein Kubikmeter = 1.000 Liter), von denen 150 bis 200 Milliarden
wieder verdunsten, ein weiterer Teil fließt über die Flüsse ins Meer,
ein anderer Teil reichert Oberflächen- und Grundwasser an.
Die verfügbaren Wasservorräte betragen im langjährigen Durchschnitt
188 Milliarden Kubikmeter. Davon werden im Jahr 24 Milliarden
Kubikmeter entnommen, also knapp 13 Prozent (Zahlen von 2016). Erst ab
einer Entnahmemenge von 20 Prozent sprechen Fachleute von
"Wasserstress". Bisher sind wir noch stets deutlich darunter
geblieben.
70 Prozent des Trinkwassers werden aus Grund- und Quellwasser
gewonnen, 15 Prozent stammen aus Flüssen, Seen und Talsperren, weitere
15 Prozent aus Uferfiltrat oder angereichertem Grundwasser.
Die Hälfte der Gesamt-Wasserentnahme dient als Kühlwasser, weitere 25
Prozent werden für Prozesse in Industrie und Gewerbe genutzt, die
öffentliche Wasserversorgung macht rund 20 Prozent aus. Zur Beregnung
in der Landwirtschaft werden bisher jährlich weniger als zwei Prozent
des entnommenen Wassers beansprucht.
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Medikamente im Grundwasser - Doch das reicht nicht mehr. "Eine der größten Schwierigkeiten stellen bisher unbeachtete Schadstoffe im Abwasser dar", warnt das Bundesumweltministerium. Dazu gehören Arzneimittelrückstände, Antibiotika aus der Tierzucht oder Chemikalien, die bereits in kleinsten Mengen hormonähnliche Wirkungen zeigen. Die herkömmliche Klärtechnik kommt diesen Spurenstoffen nicht bei. Sie können sowohl im Klärschlamm als auch im gereinigten Abwasser verbleiben, gelangen damit in den natürlichen Wasserkreislauf und sind nicht nur ein Problem für die Trinkwasserqualität, sondern auch für die Tier- und Pflanzenwelt. Verschmutzung zu vermeiden und vorhandene Verschmutzungen zu entfernen, sind die Kernpunkte bei der Qualität. Doch langsam müssen wir uns auch um die Quantität sorgen. Zwar sind die Wasserentnahmen über die letzten Jahrzehnte deutlich zurückgegangen. Das liegt an verbesserten Wasserkreisläufen in der Industrie, an der Kühlwasserreduzierung bei Kraftwerken und Einsparungen bei der öffentlichen Wasserversorgung. So ist der Verbrauch in den deutschen Privathaushalten in den letzten 30 Jahren von 144 Litern je Person und Tag auf 123 Liter zurückgegangen. Rechnet man den Wasserverbrauch aller Sektoren auf die Einwohner*innen um, ergibt sich allerdings ein sogenannter Wasserfußabdruck von täglich 3.900 Litern.
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Info
Nachhaltig erfrischt
Still aus dem Hahn oder sprudelig aus der Mineralquelle? Wasser hat
viele Formen und Namen. Aber welches Wasser ist besser für die Umwelt?
schaut man auf die Klimabilanz, ist die Antwort schnell gefunden: Der
Konsum von Leitungswasser kommt ohne energieintensive Transportwege
aus und spart Verpackungen. So kommt Mineralwasser durchschnittlich
auf etwa 203 Gramm Kohlendioxid-Belastung pro Liter Flaschenwasser, im
Vergleich zu nur 0,35 Gramm beim Leitungswasser.
Leitungswasser ist bedenkenlos trinkbar. Es gibt zwar regionale
Unterschiede bei natürlichen Mineralien und durch Umwelteinflüsse
zugeführte Stoffe wie Nitrate oder Sulfate, aber auch diese Werte
werden streng kontrolliert. Vor Blei durch alte Rohre muss man sich
ebenso nicht mehr fürchten. Sie werden seit 1973 nicht mehr eingebaut.
Fazit: Leitungswasser ist gut für den Körper und auch für den eigenen
Geldbeutel, denn ein Liter Leitungswasser kostet weniger als einen
Cent.
Wenn es doch nicht ohne Kohlensäure geht, spart man sich mit einem
Sprudelgerät zu Hause die Transportwege und das Kistenschleppen.
möchte man doch zu Mineralwasser greifen, sind regionale Mineralwässer
in der Mehrwegflasche am besten, um Ressourcen zu sparen.
Melanie Meier
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Sorge um Engpässe - Die Trockenjahre 2018 und 2019 haben gezeigt, dass schon jetzt regionale Engpässe bei der Wasserverfügbarkeit drohen. Mancherorts wurde die Gartenbewässerung mit Trinkwasser verboten, ebenso die Entnahme aus Flüssen. Teils kam auch die Eigenversorgung zum Erliegen, weil Hausbrunnen trockenfielen. Das kann sich mit dem Klimawandel weiter verschärfen. Laut Umweltbundesamt (UBA) hätten "weitere aufeinander folgende trockene Sommer mit zusätzlich wenig Niederschlag im Winter negative Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit. Die Landwirtschaft, die Wasserversorgung, die Wasserführung in Gewässern, Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Wälder und weitere wasserbezogene Nutzungen wie die Schifffahrt können betroffen sein." Umgekehrt ist es möglich, dass Starkregenereignisse zunehmen, dann läuft in vielen Fällen ungeklärtes Wasser direkt in die Bäche und Flüsse.
Beregnung mit Brauchwasser - "Zukünftig werden mehr Nutzer als
heute um eine knapper werdende Ressource konkurrieren", sagt das
Umweltbundesamt voraus. Dazu gehört auch die Landwirtschaft. Bisher
werden bei uns lediglich 450.000 Hektar bewässert, das sind gerademal
drei Prozent der Agrarfläche. Die Beregnungsbedürftigkeit wird aber
tendenziell zunehmen. Wie schon in Südeuropa üblich, soll deshalb
EU-weit Brauchwasser verwendet werden dürfen, also in Kläranlagen
gereinigtes Abwasser.
Auch in Grünanlagen könnte Brauchwasser eine Rolle spielen.
Schließlich müssen sich die Kommunen ebenfalls anpassen. Wasser soll
zudem nicht mehr abgeführt werden, sondern im Einzugsgebiet bleiben.
"Die Kühlung und Verschattung von Gebäuden und öffentlichen Räumen
durch Frischluftschneisen, Flächenentsiegelung, außerdem lokale grüne
Infrastrukturen, wie Straßenbäume, Fassadenbegrünungen und
Dachbegrünungen", nennt das UBA als geeignete Maßnahmen. Das würde die
Regenwasserversickerung stärken und so Bodenfeuchte und
Grundwasserneubildung erhöhen.
Künftig werden mehr Nutzer als heute um die
knapper werdende Ressource Wasser konkurrieren
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Tipp
Wasser marsch im Garten
Ein Garten ist immer eine von Menschen erzwungene Lebensgemeinschaft
auf engem Raum. Die meisten Gartenpflanzen müssen gleichmäßig
bewässert werden, damit sie stark und gesund bleiben. Ist es zu
feucht, haben Pilze und Viren leichtes Spiel. Ist es zu trocken, wird
die Pflanze geschwächt und Nährstoffe werden nicht mehr
transportiert.
Direkt am Boden. Am besten ist es, wenn das Wasser direkt an
die Wurzeln geführt wird. Dazu kann man einen kleinen Blumentopf
wurzelnah eingraben und als Trichter nutzen. Das Wasser verdunstet so
langsamer. Auch eine Mulchschicht schützt gegen allzu schnelle
Verdunstung. Besonders empfindliche Pflanzen mögen das direkte Wasser
von oben nicht so gerne - Tomaten und Kohlrabi beispielsweise platzen
dann auf. Bei Sonne wirken Wassertropfen wie eine Lupe, dann können
Blätter verbrennen.
Auch Bäume brauchen Wasser; besonders zur Zeit der Blüte und während
des Heranreifens der Früchte. Obstgehölze haben recht flache Wurzeln.
Man gießt sie nicht am stamm, sondern im Randbereich der Krone. Dort
können die Wurzeln das Wasser am besten aufnehmen.
Gießen, nicht fluten. Beim Gießen sollte man sich Zeit lassen:
wässern, eine halbe stunde Pause, dann noch einmal wässern. Die Erde
darf nicht zu nass werden. Verschlammt der Boden beim Gießen, kommt es
zu Sauerstoffmangel. Mit der altmodischen Gießkanne lässt sich gezielt
wässern und dabei sehr gut dosieren. Wer Gießkannen nicht schleppen
kann oder will, sollte sich für die Tropfenbewässerung entscheiden.
Dabei wird ein Schlauch mit kleinen Löchern direkt an den Pflanzen
verlegt. Daraus sprüht, je nach Wasserdruck, ein feiner Strahl oder es
quellen einige Tropfen heraus. Das Wasser erreicht die Pflanzen ohne
große Verluste. Künftig werden mehr Nutzer als heute um die knapper
werdende Ressource Wasser konkurrieren.
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Immer eine Wanne voll? - Wie der Verbrauchsrückgang zeigt, ist
das Bewusstsein für einen sorgsamen Umgang mit Wasser in den
Privathaushalten bereits gut entwickelt. Doch auch hier gilt es, nicht
nachzulassen. Dazu gehört, das Vollbad (rund 150 Liter Verbrauch)
durch eine Dusche (rund 15 Liter) zu ersetzen sowie Waschmaschine und
Geschirrspüler nur anzuschalten, wenn sie voll beladen sind. Auf
Wäschewaschen und Geschirrspülen entfallen rund 20 Prozent des
Gesamtwasserverbrauchs im Haushalt. Da dieses Wasser auch noch erwärmt
wird, spielt der Stromverbrauch zusätzlich eine große Rolle.
Mindestens genauso wichtig ist es, Wasserverschmutzung zu vermeiden.
Das heißt: alte Arzneimittel über die Toilette zu entsorgen, ist
absolut tabu, Gifte haben im Garten nichts zu suchen und der Kauf von
Lebensmitteln aus Ökoanbau ist ebenfalls ein wirksamer Beitrag.
Auch der Blick auf die Herkunft von Produkten lohnt sich. Mehr als die
Hälfte des Wassers für die von uns benötigten Güter stammt nicht aus
Deutschland selbst. Es wird also in fernen Ländern, mit teils deutlich
schwierigerer Wasserversorgung als hierzulande, Wasser verbraucht, um
unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Das meiste Wasser führt Deutschland
über Agrargüter aus Brasilien und der Elfenbeinküste ein.
Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten
Abbildungen der Originalpublikation:
- Arzneimittelrückstände, Antibiotika aus der Tierzucht oder
Chemikalien - die herkömmliche Klärtechnik kommt diesen
Spurenstoffen nicht bei.
*
Quelle:
Naturschutz heute - Sommer 2021, Seite 30-33
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
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Internet: www.naturschutz-heute.de
Herausgeber: NABU, 10108 Berlin
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E-Mail: NABU@NABU.de
Internet: www.NABU.de
"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
und erscheint vierteljährlich. Für Mitglieder
ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 7. Dezember 2021
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