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POLITIK/404: Kein Geld für die Entwässerung des Oderbruchs? (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 990, vom 19. März 2012, 31. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Kein Geld für die Entwässerung des Oderbruchs?



Eine ungewöhnlich niederschlagsreiche Periode hat 2010/2011 das Oderbruch unter Wasser gesetzt. Das verfallene und verkrautete Grabensystem im Oderbruch war nicht mehr in der Lage, das viele Regenwasser abzuführen. Das ausgedeichte Oderbruch lief voll wie eine Wanne. Die Folge: Monatelang stand das Wasser auf den Feldern, verunmöglichte landwirtschaftliche Tätigkeiten, Keller und Häuser vernässten (vgl. RUNDBR. 969/2-4, 965/1, 953/3-4, 422/1-2). Bei den Bewohnern des Oderbruchs lagen die Nerven blank. Um eine Wiederkehr des "Binnenhochwassers" zu verhindern, hatte das Potsdamer Umweltministerium die Bürgermeister der Oderbruchgemeinden dazu aufgerufen, Pläne zur Ertüchtigung des maroden Grabensystems einzureichen - und Zuschüsse für die erforderlichen Unterhaltungsarbeiten in Aussicht gestellt. Bereits im Febr. 2011 hatte die Potsdamer Umweltministerin ANITA TACK (Linke) im Angesicht der sich ausbreitenden Seenlandschaften im Oderbruch eine Förderrichtlinie für eine Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes vorgelegt. Damit sollten die Maßnahmen des Sonderprogramms, die durch den Gewässer- und Deichverband Oderbruch umgesetzt werden, gefördert werden. Ferner war im Februar 2011 eine Arbeitsgruppe "Wassermanagement Oderbruch" eingerichtet worden. Die Arbeitsgruppe unter Leitung des Umweltministeriums hatte die Aufgabe, über ein verbessertes Wassermanagement im Oderbruch zu beraten.

"Vor dem Hintergrund des Klimawandels und damit verbundener Trockenperioden einerseits und zunehmenden Hochwasserereignissen andererseits steigen die Anforderungen an die Gestaltung des Wasserhaushaltes im Oderbruch", so die Umweltministerin anlässlich des Starts der Beratungen am 25.02.11. "Dazu gehöre auch, dass die Kommunen ihre Verantwortung wahrnehmen müssten", hieß es damals in einer Pressemitteilung des Ministeriums. "Nur gemeinsam können wir die Probleme lösen, eine Zusammenarbeit auf allen Ebenen ist hier unerlässlich", betonte die Ministerin. Die AG Oderbruch sei für diese Zusammenarbeit ein gutes Beispiel. Erwartungsgemäß haben die Bürgermeister zwischenzeitlich Pläne zur Reaktivierung des Grabensystems vorgelegt - und sind jetzt maßlos sauer. Lt. einem rbb-Bericht vom 02.03.12 hat das Brandenburger Umweltministerium nämlich entdeckt, dass es sich bei der Ertüchtigung der Grabensysteme nicht um Unterhaltungsarbeiten, sondern um Entwässerungsmaßnahmen handeln würde. Und Entwässerungsmaßnahmen sind lt. der "Förderrichtlinie Wasserwirtschaft" nicht förderungsfähig. Nach einer Krisensitzung am 2. März 2012 mit Ministeriumsvertretern seien "die Bürgermeister außer sich", gab der rbb die aufgebrachte Stimmungslage der Bürgermeister wieder. Der Ratschlag des Umweltministeriums: Die vom Binnenhochwasser betroffenen Kommunen sollten doch mal beim Agrarministerium in Potsdam nachfragen.


"Das Oderbruch ist unsere Heimat!"
Demo gegen das Binnenhochwasser

Die von der Umweltministerin enttäuschten Bürgermeister der Oderbruchgemeinden hatten daraufhin eine symbolische Auszugsaktion aus dem Oderbruch organisiert - mit Sack und Pack wolle die Bevölkerung den vom Absaufen bedrohten Oderbruch verlassen. Tatsächlich hatten sich am 10. März 2012 rund 1.500 Menschen mit Traktoren und Autos zusammengefunden, um symbolisch aus dem vom Untergang bedrohten Oderbruch auszuziehen. Man fühle sich von der Landesregierung in Potsdam im Stich gelassen. Gefordert wurden endlich durchgreifende Maßnahmen gegen das Binnenhochwasser. Zur Entwässerung des Oderbruchs hatte das Landratsamt von Märkisch-Oderland 13 Projekte zur Wasserregulierung mit einem Umfang von rund fünf Millionen Euro vorgelegt (Berliner Ztg., 12.03.12). Der Zorn der Oderbruchbewohner und die kritische Medienberichterstattung hatten in der Landeshauptstadt Wirkung gezeigt. Am 8. März, also zwei Tag vor der Demo, ging das Potsdamer Umweltministerium mit einer Pressemitt. an die Öffentlichkeit - Tenor: "Die Landesregierung wird den Oderbruch-Gemeinden bei der Bewältigung des Binnenhochwassers in der Region weiter helfen." Umwelt-, Innen- und Agrarministerium hätten am 8.‍ ‍März in Potsdam "den weiteren Fahrplan zur Unterstützung der Oderbruch-Gemeinden bei der Umsetzung von Projekten zur Wasserregulierung" besprochen. Eine Arbeitsgruppe der Landesregierung unter Führung des Umweltministeriums solle "jetzt die Projektanträge auf Grundlage der vorliegenden Widersprüche noch einmal intensiv auf ihre Förderfähigkeit überprüfen". Ziel der Landesregierung bleibe es, durch eine Stabilisierung des Wasserhaushalts das Oderbruch als Wirtschafts- und Siedlungsraum zu sichern.

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 990
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2012