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BERICHT/100: Damals in Laos - Fahrten in befreite Gebiete 1968-1970 - 2. Teil (Irene und Gerhard Feldbauer)


Damals in Laos
Erinnerungen an unsere Fahrten in die befreiten Gebiete von Laos (1968-1970)

Teil 2: USA brachen auch Laos-Abkommen [1]

von Irene und Gerhard Feldbauer, Mai 2020



Foto: Tango7174 / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0) via Wikimedia Commons

Damals Kriegsgebiet - heute unberührt anmutende und touristisch attraktive Landschaften in Laos, hier die Provinz Vientiane
Foto: Tango7174 / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0) via Wikimedia Commons


Am 8. März 1970 kabelte Reuters aus Key Biscayne im US-Bundesstaat Florida folgende Nachricht in die Welt: "Das Weiße Haus", so hieß es, "gab bekannt, dass zumindest 27 in Laos stationierte Amerikaner infolge von Aktionen des Gegners auf dem Boden getötet wurden." Angesichts der steigenden Verluste eigener Soldaten, die in Wirklichkeit viel höher lagen, musste man in Washington erstmals dazu Stellung nehmen und gleichzeitig eingestehen, dass auch in Laos US-Bodentruppen gegen die Befreiungsbewegung eingesetzt waren.

In Laos, einst Bestandteil der französischen Kolonie Indochina, hatten die USA wie gegenüber Vietnam schon bald nach der Unterzeichnung die Genfer Abkommen von 1954 gebrochen und das Land Schritt für Schritt in ihre Aggression einbezogen. Es wurde zur zweiten Front im Krieg gegen Vietnam. Die Indochina-Abkommen hatten auch für das Königreich am Mekong eine friedliche und unabhängige Entwicklung festgelegt. Die profranzösischen Regierungstruppen und die Pathet Lao-Einheiten waren als gleichberechtigte Streitkräfte und die Neo Lao Haksat als legale Partei anerkannt worden. Die Pathet Lao-Truppen, die auch große Gebiete in Mittel- und Süd-Laos kontrollierten, zogen sich in die Nordprovinzen zurück. Auf der Basis von Verhandlungen sollte die NLH an der königlichen Regierung beteiligt werden.


Foto: Unbekannter Fotograf Anefo / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) via Wikimedia Commons

Fragwürdige Unabhängigkeit - Prinz Savang Vatthana (r.), der spätere (und letzte) König (1959-1975), am 4. Mai 1953 mit dem französischen General Raoul Salan (l.) in Luang Prabang
Foto: Unbekannter Fotograf Anefo / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) via Wikimedia Commons

Bereits 1955 flossen die ersten 30 Millionen US-$ nach Vientiane. Sie kamen in Form von Flugzeugen, Waffen und anderem Kriegsmaterial von Thailand über den Mekong. Ihnen folgten auf dem Fuß die ersten 1.000 amerikanischen Militärberater, die in zivil ihren "Job" bei den Regierungstruppen verrichteten. So aufgerüstet provozierten diese im selben Jahr die ersten bewaffneten Zwischenfälle mit Pathet Lao-Einheiten.

Am 6. Januar 1956 schlossen sich Vertreter der verschiedenen Volksschichten zum Widerstand gegen die amerikanische Einmischung zur Neo Lao Haksat zusammen. Dank ihrer beharrlichen und konsequenten Politik gelang es, 1957 und 1962 unter Prinz Souvanna Phouma, einem Halbbruder Souphanouvongs, Koalitionsregierungen zu bilden. Sie wurden durch die Interventionspolitik Washingtons und seiner Vientianer Handlanger gestürzt. Angestachelt durch die US-Militärs entfesselten die reaktionären Kräfte erneut den Bürgerkrieg und versuchten, die Pathet Lao-Streitkräfte zu zerschlagen. Unterstützt von Truppenteilen aus dem Regierungslager, die sich zunächst neutral erklärt hatten, brachten diese jedoch bis 1960 wieder zwei Drittel des Territoriums unter ihre Kontrolle. [2]


Foto: US Govt. / Public domain via Wikimedia Commons

27. Juli 1962 - Prinz Souvanna Phouma (l.), zwischen 1951 und 1975 mehrmals Premierminister des Königreichs Laos, im Gespräch mit US-Präsident John F. Kennedy (r.)
Foto: US Govt. / Public domain via Wikimedia Commons

Im Mai 1961 trat in Genf eine internationale Laos-Konferenz aus Teilnehmern der Tagung von 1954 zusammen, die im Dezember einen Vertrag über ein neutrales Laos verabschiedete. Die politischen Gruppierungen wurden aufgerufen, eine "Regierung der nationalen Union" zu bilden. Diese Exekutive kam im Juni 1962 zustande und unterzeichnete am 23. Juli in Genf das internationale Abkommen über die Achtung der Unabhängigkeit und Neutralität von Laos.

Nach der in den Verträgen fixierten Waffenstillstandslinie fielen von dem 236.880 km² großen Territorium etwa zwei Drittel unter die Kontrolle der NLH. Das waren vor allem die für ganz Indochina strategisch bedeutsamen Bergregionen im Norden, darunter die Ebene der Tonkrüge, und der gesamten Ostkette bis hinunter zur kambodschanischen Grenze, in denen etwa die Hälfte der drei Millionen Einwohner des Landes lebte. Die NLH erklärte, den Königsthron zu respektieren.


Foto: US Army Photograph / Public domain via Wikimedia Commons

Gebrochene Versprechen - die Teilnehmer der Genfer Indochina-Konferenz von 1954 (hier im Bild, unter ihnen die USA) - unterzeichnen 1961 ein Abkommen über die Unabhängigkeit und Neutralität von Laos
Foto: US Army Photograph / Public domain via Wikimedia Commons

Mit der Ermordung des neutralen Außenministers Quinim Pholsena am 1. April 1963 ging die kurze Zeit dieser Regierung zu Ende. Nach ihrem Sturz hievten die USA in Vientiane erneut ein reaktionäres Marionettenregime an die Macht. Das amerikanische Militärpersonal stieg auf rund 12.000 Mann an, die Militärhilfe erreichte, die Ausgaben für die 1964 beginnenden Luftangriffe nicht mit gerechnet, eine Milliarde US-$. Aus Thailand, den Philippinen und Japan befanden sich über 1.200 Militärs im amerikanisch beherrschten Teil von Laos.

Parallel zu Südvietnam begann ein Spezialkrieg gegen die laotische Befreiungsbewegung, an dem auf Seiten der USA und ihrer Vientianer Truppen 5.000 thailändische Soldaten, 3.000 aus der früheren Tschiang-Kai-Schek-Armee sowie nach Tausenden zählende Einheiten südvietnamesischer Special Forces und Kommandotrupps eingesetzt wurden. Die Führungszentrale befand sich in der amerikanischen Botschaft beim Militärattaché, dessen Stab nach einem Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 28. Juni 1968 über 70 Mitarbeiter zählte.

Der CIA war es gelungen, aus den Bergstämmen der Meo eine Söldnertruppe zu rekrutieren. Die "International Herald Tribune" bezifferte die Stärke dieser von mehreren Hundert CIA-Agenten geführten und größtenteils in Special Force-Einheiten untergliederten "Geheimarmee" am 27. Oktober 1969 auf etwa 40.000 Mann. Im Stab der Pathet Lao schätzte man sie auf rund 30.000. Zum Kommandeur der Meo-Truppe hatte die CIA den aus der Ebene der Tonkrüge kommenden Stammesführer Vang Pao ernannt, der bereits in der französischen Kolonialarmee als Feldwebel gedient hatte. Die CIA ernannte ihn zum General. Die Versorgung seiner Truppe erfolgte unter dem Deckmantel amerikanischer Entwicklungshilfe, ausgeführt auf dem Luftweg, durch die "Agency for International Development". Dazu standen der AID zwei unter dem Kommando der CIA stehende und von ihr finanzierte private Fluglinien zur Verfügung: die "Air America" und die "Continental Air America".


Fotos: © by Irene Feldbauer Fotos: © by Irene Feldbauer

Gefechtsstand der Streitkräfte der Pathet Lao (l.) und eine ihrer Flakstelllungen (r.)
Fotos: © by Irene Feldbauer

Die Luftüberfälle auf die Pathet Lao-Gebiete begannen am 17. Mai 1964, noch drei Monate vor den Terrorangriffen gegen die Demokratische Republik Vietnam (DRV). Im März 1968 schrieb die amerikanische Zeitschrift "Time", dass die US-Air Force über Laos ebenso viel Bomben abwirft wie über Nordvietnam. Nachdem die USA gezwungen worden waren, am 1. November 1968 die Einstellung des Bombenkrieges gegen die DRV zu erklären, nutzten sie einen Teil des frei gewordenen Potenzials unverzüglich, um die Luftangriffe gegen die Pathet Lao-Gebiete zu verstärken. Noch im November griffen amerikanische Maschinen, darunter B-52, über 15.000 mal Pathet Lao-Gebiete an und belegten sie mit über 40.000 Spreng-, Mutterkugel- und Napalmbomben sowie mit Boden-Luft-Raketen und chemischen Kampfstoffen. Im März 1969 schrieb "Newsweek", dass die Luftüberfälle auf Laos den Luftkrieg gegen die DRV vor Verkündung des Bombenstopps übertreffen. Wie in Vietnam richtete sich der Luftterror vor allem gegen die Zivilbevölkerung; ihre Existenzbedingungen sollten vernichtet, sie demoralisiert, die NLH ihrer Unterstützung beraubt und zur Aufgabe des Kampfes gezwungen werden.


Anmerkungen

[1] In der Reihe "Damals in Laos - Fahrten in befreite Gebiete 1968-1970" sind erschienen bzw. folgen weitere Berichtteile des Journalistenteams Irene und Gerhard Feldbauer:
Teil 1: In den Höhlen von Sam Neua
Teil 3: In der Ebene der Tonkrüge
Teil 4: In den Bergen der Meo

[2] Ausgangspunkt war der Staatsstreich des Fallschirmjäger-Kommandeurs Hauptmann Kong Le, der sich später wieder von den Amerikanern korrumpieren ließ. Der größte Teil der Einheiten, die den Staatsstreich mitgemacht hatten, verblieb jedoch im Bündnis mit den Pathet Lao.

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Quelle:
© 2020 by Irene und Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autorenteams


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2020

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