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MESSE/001: Die 64. Internationale Automobilausstellung in Frankfurt/Main (Irene und Gerhard Feldbauer)


Die 64. Internationale Automobilausstellung in Frankfurt/Main

- Mit VW an der Spitze sehen sich deutsche Autobauer als Branchenführer
- 2022 sollen E-Fahrzeuge Alternative zu Diesel und Benziner sein

Eindrücke und Gedanken

von Irene und Gerhard Feldbauer, 16. September 2011


Die 64. Internationale Automobilausstellung in Frankfurt/Main ist am 15. September offiziell eröffnet worden. 1012 Aussteller aus 32 Ländern zeigen bis 25. September 89 Weltneuheiten der Autobranche. Unter den Ausstellern befinden sich rund 500 Teile- und Zubehörproduzenten.

Vor dem Ansturm der Besucher waren der 15. und 16. September den Fachleuten vorbehalten. Vorher der 13. und 14. September den Medien. 2.352 Journalisten aus 43 Ländern waren gekommen, um die "Weltbühne des Automobils", wie Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) auf der Pressekonferenz vor der Eröffnung die weltgrößte Autoschau nannte, zu begutachten und ihr zu einem Publicityschub zu verhelfen. Präsent waren auch hochrangige Konzernvertreter und Experten der Autowelt, unter ihnen der Porsche-Enkel und Großaktionär Ferdinand Piech. Die IAA gilt als "internationale Leitmesse für Mobilität" (Wissmann) und zieht seit Jahrzehnten bis zu eine Million Besucher an. Diese Größenordnung - wenn möglich noch darüber - erhofft man sich auch dieses Jahr. Was die Ausstellerzahl betrifft, so liegt sie dieses Jahr fast 30 Prozent über der vorangegangenen Pkw-Messe 2009. Mit 235.000 Quadratmeter ist auch die Ausstellungsfläche deutlich größer geworden. 2009 waren es 195.000 Quadratmeter gewesen. Damals war auch und vor allem die Auto-Branche von den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise erfasst worden. Jetzt zeige sich, "wie kraftvoll unsere Branche aus der Krise gefahren ist", so Wissmann weiter, der auf einen "weiteren Aufschwung" setzte.

Zur offiziellen Eröffnung war Bundeskanzlerin Merkel nach Frankfurt gekommen. In ihrer Rede verwies sie auf die wichtige Rolle der Autoindustrie, bekräftigte das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen" und versprach: "Wir werden hilfreich zur Seite stehen." Beim Rundgang schränkte sie ein, "so weit wir können". In Anspielung auf die Abwrackprämie, welche die deutsche Regierung (wie auch die französische) auf Kosten der Steuerzahler in Höhe von fünf Milliarden Euro gewährt hatte, machte Merkel geltend, dass bei der Überwindung der Autokrise 2009 "auch politische Maßnahmen eine Rolle gespielt" hätten. Die Autobranche bleibe eine zentrale Stütze der Volkswirtschaft, zähle zu den wichtigsten Arbeitgebern (720.000 Beschäftigte) und erwirtschafte knapp ein Viertel des Umsatzes der deutschen Industrie. Knapp 20 Prozent der deutschen Exporte entfielen auf sie sowie ein Drittel der Ausgaben deutscher Unternehmen für Forschung. Merkel, die ihre Eröffnungsrede zur Darlegung ihres umstrittenen Standpunktes zur Euro-Krise nutzte, betonte, die gute Lage der Autoindustrie sei auch ein Resultat der Währungsunion. Die deutsche Autobranche habe in den anderen EU-Ländern wichtige Absatzmärkte. Jedes zweite in Westeuropa verkaufte Auto komme von einem deutschen Hersteller. Während des Messerundganges, den die Kanzlerin laut "FAZ" "ohne erkennbare Freude" absolvierte, versuchte sie sich im Scherzen und fragte Audi-Chef Rupert Stadtler, ob man ihren Dienstwagen nicht elektrifizieren könne. Dieser enttäuschte sie, der gepanzerte Wagen sei zu schwer, "Da brauchen wir weiter einen dicken Motor."


Abwrackprämie beflügelte Boom der Autoindustrie

Für die deutschen Aussteller war das Heimspiel wieder Gelegenheit, Deutschland als weltweit attraktivsten Standort der Branche vorzustellen. Die Abwrackprämie hat sich ausgezahlt. Seit 2009 geht der Trend wieder in Richtung Boom. Seit Jahresbeginn 2011 gab es 1,33 Millionen Neuzulassungen, was einen Zuwachs von 13 Prozent entsprach. Auch Chrysler und General Motors, die 2009 nur durch gesetzlichen Gläubigerschutz dem Konkurs entgingen, schreiben wieder Gewinne. GM, der in drei Jahren auf einen Verlust von 80 Milliarden Dollar kam, hat sich mit Hilfe von Fabrikschließungen, Umschuldungen und staatlichen Subventionen wieder saniert.

Im Gegensatz zum verkündeten Ziel, mit E-Autos umweltfreundlicher zu produzieren, werden weiter die großen Ressourcenfresser angeboten. So verzeichnete die Oberklasse im Mai in Deutschland mit 69 Prozent die höchsten Zugewinne, darunter bei den sogenannten Geländewagen 53,2 und bei den Großraum-Vans 50,2, Tendenz steigend. Aufträge aus dem Ausland lagen zu dieser Zeit 13 Prozent über dem Vorjahresvolumen. Dazu beiträgt der zunehmende Absatz in China, aber auch in Russland oder Indien, wo die wachsende Schicht der Reichen die Großraumklasse bevorzugt.

Aufwärts ging es für die deutschen Hersteller auch in den USA, wo mehr Käufer deutsche Autos bevorzugten. Im Mai legten dort die deutschen Autofirmen um 18 Prozent zu, während andere Hersteller, verloren. Mit 421.700 Einheiten stieg der Export um 16 Prozent an. Seit Jahresbeginn exportierten die deutschen Autohersteller lt. VDA weltweit etwa 1,95 Millionen Autos. Im Mai 2011 konnte die deutsche Produktion Dank dieses Absatzes um 20 Prozent auf 563.300 Autos gesteigert werden.


Welt-Pkw-Flotte soll verdoppelt werden

Dass die Autobranche nach Elektro- und Elektronikindustrie nur noch den zweitwichtigsten Sektor der Weltwirtschaft ausmacht, wird natürlich in Frankfurt nicht erwähnt. Hier werden andere Akzente gesetzt. 2010 waren weltweit rund eine Milliarde Kraftfahrzeuge in Betrieb, darunter 850 Millionen Pkw. Die Branche erklärt zum wesentlichen Ziel, bis etwa 2025 weltweit eine Vollmotorisierung durchzusetzen und die KfZ-Flotte zu verdoppeln, darunter 1,7 Milliarden Pkw. Da in den USA und Westeuropa eine wesentliche Steigerung der Fahrzeugzahlen kaum mehr möglich ist, könnte das nur durch die Einbeziehung der Schwellenländer realisiert werden. Hier wird auf China und Indien gesetzt, die einen noch völlig ungesättigten Markt darstellen. Liegt die Versorgungsdichte mit Fahrzeugen in Westeuropa bei 600 pro 1000 Einwohner und in den USA sogar bei 800 je Einwohner, so liegen die Quoten in China und Indien mit 34 bzw. 14 Autos auf 1000 Einwohner davon weit entfernt. Obwohl in China Autos noch den reichsten Schichten vorbehalten sind und ihre Nutzung noch immer Sache einer Minderheit ist, konnte die Branche in dem 1,3 Milliarden Einwohner zählenden bevölkerungsreichstem Land der Erde 2009 dennoch mit zwölf Millionen Fahrzeugen mehr absetzen als in den USA. Dass diese Entwicklung die Knappheit des Erdöls steigern wird, soll hier nur am Rande erwähnt werden.


VW auf dem Weg zum Weltkonzern

In Halle drei dominierte auf dem Messegelände VW auf einer Ausstellungsfläche von zirka 9000 Quadratmeter seine beherrschende Stellung. Bei Neuzulassungen steht der größte europäische Konzern in sechs von zwölf Fahrzeugklassen an der Spitze. Polo, Golf, Passat und Tiguan belegten im Mai 2011 den ersten Rang bei Pkw-Neuzulassungen. In der Kompaktklasse bleibt der Golf unverändert Spitzenreiter. Von ihm sind im Mai 25.606 Fahrzeuge neu zugelassen worden. In der Mittelklasse liegt der VW Passat mit 10.075 Einheiten vorn.

Mit 80 Grundmodellen vom Kleinstwagen bis zum Bus ist VW heute Europas größter Autobauer und will bis 2018 an die Spitze des Weltmarktes. Mancher, der nicht hinter die Kulissen schaut, weiß kaum, dass zur VW-Gruppe inzwischen zahlreiche Tochterunternehmen unterschiedlicher Größen und Wertigkeit gehören, gern Großfamilie genannt. VW selbst besetzt mit seinem weltweiten Bestseller, dem Golf, die Mitte, während die Familienmitglieder andere Segmente wahrnehmen.

Fangen wir bei Audi an, einem, wenn nicht überhaupt dem Champion in der Oberen Mittelklasse und im Premiumbereich, aber auch bei den Coupés und im Allradsektor. Bentley ist ein tonangebender Repräsentant in der Luxusklasse, Lamborghini Hersteller exklusiver Sportwagen. Nicht zu vergessen der elitäre Bugatti mit dem Veyron, dem einstmals schnellsten Seriensportler der Welt. Seat, die spanische Tochter, kommt derzeit vor allem mit dem Ibiza im Kleinwagensektor ins Gespräch. Skoda, einer der ältesten Autobauer der Welt, ist ein Schnäppchen aus dem früheren Ostblock, der zum Ansehen vor allem in der (Oberen) Mittelklasse beiträgt. Das hauseigene Unternehmen VW-Nutzfahrzeuge deckt den Kleinbus- und Transporterbereich ab. Zu VW gehört mit Scania einer der größten Lkw-Bauer Europas. Der weltweit gefeierte Sportwagenbauer Porsche stößt gerade als jüngstes Mitglied zur VW-Group, deren Manager es gern hören, wenn man schon vom Weltkonzern spricht. Wären noch die Sport Utility Vehicles (SUV) zu nennen, bei denen VW selbst mit Tiguan und Touareg die wohl stärksten Modelle stellt.

In China konnte der Wolfsburger 1,4 Millionen Fahrzeuge absetzen. VW ist seit 25 Jahren in Peking vertreten und verfügt dort über sieben Produktionsstätten. Bis 2012 sollen zur Errichtung weiterer zwei Werke acht Milliarden Euro investiert werden. Damit geht die Verbreitung von Autos in China bereits jetzt schneller voran als während der 1950er Jahre in den USA oder in den 1960ern in Europa. Folglich ist dieser Markt von allen Autounternehmen weltweit heiß begehrt. Zugute kommt dem Export, dass in der generell exportorientierten chinesischen Industrie die einheimische Autobranche vornehmlich auf den Binnenmarkt ausgerichtet ist, vorerst jedenfalls. 2009 wurden weniger als 10 Prozent in China gefertigter Fahrzeuge exportiert. Neben GM und Toyota ist VW mittels Joint Ventures am stärksten in China vertreten. Dabei muss jedoch kalkuliert werden, dass vieles dafür spricht, dass sich auf den gewaltigen Automärkten in China wie Indien längerfristig eigene Autokonzerne bilden werden. In Aktion ist bereits der indische Tata-Konzern. Aufmerksam wurde denn auch verfolgt, dass der Präsident des chinesischen Automobilverbandes, Dong Yang., zu den Gästen der IAA zählte.


Eine Allianz vor dem Scheitern

Fusionen, Kooperationen auf der Basis gegenseitiger Kapitalbeteiligungen, und dergleichen Allianzen bilden seit eh und je einen tragenden Faktor in der Konzentration der Autoindustrie. Auch hier kann VW als führend eingeordnet werden. Wie es da läuft, erfährt man auf der IAA gewöhnlich nur in den langen Wandelgängen zwischen den Ausstellungshallen. Diesmal war es anders. Der Chef des auf Kleinwagen und Motorräder spezialisierten Familienunternehmens, Osama Suzuki, kündigte am 12. September in Tokio seine Zusammenarbeit mit Volkswagen auf. Sicher nicht zufällig hatte der Japaner sich am Vorabend der IAA zu Wort gemeldet, verschaffte das seinem Unternehmen doch zusätzliche Aufmerksamkeit. Dennoch hielten sich beide Seiten bedeckt und viel mehr als bereits bekannt, war in Frankfurt nicht zu erfahren. VW hatte im Dezember 2009 einem Anteil von knapp 20 Prozent bei dem viertgrößten japanischen Hersteller erworben, während dieser mickrige 1,5 Prozent vom Partner erhielt. Suzuki hoffte dadurch seine Position in Indien zu stärken, wo seine Tochter Maruti Marktführer ist. VW wollte Zugriff auf neue Technologien des Japaners erhalten. Gemeinsam wollten beide Partner Einsteigerautos für Entwicklungs- und Schwellenländer sowie umweltfreundliche Wagen für Kunden in den Industriestaaten bauen. Die Kooperation ging nicht so voran wie erwartet. Angeblich soll Suzuki von FIAT Dieselmotoren bezogen haben, was der Vertrag untersage. VW setzte den Japanern "eine mehrwöchige Frist", um "diesen Sachverhalt zu korrigieren". Suzuki befürchtete wohl, eines Tages in der VW-Group zu landen und lehnte ab. VW wolle zu großen Einfluss auf das Unternehmen ausüben, hieß es. Auf der IAA war zu hören, dass FIAT den Platz von VW einnehmen wolle, wozu sich Vertreter des Italieners allerdings vielsagend ausschwiegen.


Hindernisse auf dem deutschen Binnenmarkt

Im Vergleich zum positiven internationalen Absatz sind die Ergebnisse auf dem deutschen Binnenmarkt nicht ganz so günstig, weil sich Kleinverdiener oder Harzt IV-Empfänger nun mal kein neues, Letztere oft wohl überhaupt kein Auto zulegen können. Aber auch die steigenden Spritpreise tragen das ihre dazu bei, die Fortbewegung per Automobil einzuschränken. Davon zeugt auch, dass in Deutschland bei wachsender Zahl der PKW die in diesen zurückgelegte Kilometerzahl stagniert, wenn sie nicht gar zurückgegangen ist. Das wird auch darauf zurückgeführt, dass der Kult um das Auto bei der Young Generation durch Computerchats zurückgedrängt werde. Das jedenfalls besagte 2009 eine Analyse des US-amerikanischen Marktforschungsinstituts J. D. Power. Laut Kraftfahrzeugbundesamt waren in Deutschland in diesem Jahr nur sieben Prozent von Neuwagenkäufern zwischen 18 und 29 Jahre alt, während es ein Jahrzehnt vorher mit 17 Prozent mehr als doppelt so viele waren.

Deutsche Firmen konnten davon profitieren, dass der Hauptkonkurrent Japan durch Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe angeschlagen ist. So konnten die ausländischen Konkurrenten auf dem deutschen Markt zurückgedrängt werden und der Anteil der einheimischen Autos auf über 70 Prozent anwachsen. Zu den zu berücksichtigenden Gegenkräften gehört Opel, der bis 2015 in Deutschland einen Marktanteil von über 10 Prozent erringen will. Im Juni 2011 betrug der Ausgangspunkt 8,4 Prozent. In Europa sollen es bis Mitte des Jahrzehnts 8,5 Prozent werden. Ein Vergleich in Stückzahlen besagt, dass Opel mit der Schwester Vauxhall 2010 europaweit 1,2 Millionen Fahrzeuge absetzte , die Zahl soll bis 2013 auf zirka 1,3 Millionen erhöht werden.


Wachsende Vielfalt der Modellreihen und Weltpremieren

Ein hervorstechender Eindruck ist die wachsende Vielfalt der Modellreihen, die 2015 von derzeit 315 auf 415 steigen soll. 1995 waren es noch etwas mehr als die Hälfte. Dieser Trend hat einen einfachen Antriebsmotor, den harten Wettbewerb um Marktanteile.

45 der auf der diesjährigen IAA vorgestellten 89 Weltpremieren entfallen auf Deutschland. Werfen wir einen Blick in die Kataloge der Aussteller (denen Stick oder DVD beigefügt waren) und die Weltneuheiten, die sie anbieten. VW stellte seinen Kleinstwagen Up mit zwei und vier Türen nunmehr in Serienform vor. Neuheit ist auch, dass er sowohl mit Verbrennungsmotor als auch als reines E-Auto hergestellt wird. Der Name Up ist noch nicht endgültig, denn eine Version Lupo soll den Namen des Vorgängers des kleinsten VW übernehmen.

VW-Tochter Audi brillierte in der kompakten Klasse mit einem SUV Q3, der dem BMW X1 Konkurrenz machen soll. Mit einem Einstiegspreis von voraussichtlich 30.000 Euro erhält er gegen Aufpreis mehrere Assistenzsysteme, Allradantrieb und Motoren von vorerst 211 PS. Das soll dazu beitragen, noch in diesem Jahr "wahrscheinlich die Schwelle von 1,3 Millionen Einheiten" zu überspringen und damit Mercedes zu überholen, wie Audi-Chef Rupert Stadler kundtat.

Bei Porsche markierte den Generationswechsel ein Neuer 911 als 991er mit geringfügig größerer Abmessung, der in seiner bekannten ikonographischen Form bleibt, aber mit neuem Boxer in kleinerem Hubraum, der trotz höherer Leistung weniger Sprit fressen soll.

Neuheiten ferner bei Mercedes im SUV-Segment ein neuer ML, der auch mit Hybrid-Motor geliefert wird, bei BMW Serafin-M5 und bei Ferrari die offene Spider-Version. Opel kommt mit seinem neuen Familienwagen Zafira mit sieben Sitzen, ein Kompakt-Van mit neuem Design und Komfort, das anspruchsvolle Ansprüche zufrieden stellen soll. Bei den Kleinsten beansprucht Smart die Führung.

Mit dem Peugeot HX1 legte der Franzose ein Concept-Car zur Weltpremiere vor, dem zukunftsweisende Ideen zugeschrieben werden. Zu einem späteren Zeitpunkt soll das Modell als 3008 Hybrid4 in Serie gehen. Für den Vorderradantrieb sorgt ein 2.2 Liter HDi mit serienmäßigem Rußpartikelfiltersystem. Von Renault war eine kompakte Van-Studie mit Elektroantrieb zu sehen.

FIAT feiert auf der Messe eine Weltpremiere besonderer Art. Sein Bär (Panda) ist seit 31 Jahren auf dem deutschen Markt. Der damals "tolle Kiste" getaufte Kleinwagen kommt in einer Neuauflage mit vielen Neuerungen daher. Er wächst ein bisschen auf 3,65 Meter Länge, bleibt aber beim Radstand von 2,30 Meter. Die einst spartanische Aufmachung kann mit Extras wie beheizten Sitzen, einem Navi und Unfallschutzsystem für die Stadt bis Tempo 30, das selbsttätig bremst, geliefert werden. Zuerst mit Frontantrieb soll später eine 4X4-Ausführung folgen. Der neue Bär steht mit vier Motoren zur Wahl: dem Zweizylinder-TwinAir-Turbo mit 85 PS, dessen schwächerer Variante mit 65 PS ohne Turbo, einem 69 PS 1,2-Liter-Benziner und einem 1,3-Liter-Multijet-Diesel mit 75 PS. Drei Ausstattungsvarianten, zehn Außenfarben und zwei Innenfarben erinnern an den Fiat 500, von dem der Panda auch die Technik übernimmt. Preise waren noch nicht zu erfahren. Der Vorläufer startete unter 10.000 Euro. Ob es bei der neuen "tollen Kiste" so bleibt, ist noch ungewiss.

Hyundai wird mit seinen i40 und i30 Mittelklassemodellen zum Konkurrenten nicht nur des Golf, sondern wohl auch zu VW insgesamt, denn der Koreaner will über drei Prozent seiner Fahrzeuge auf dem deutschen Markt absetzen. VW-Chef Martin Winterkorn hatte Hyundai und dessen Tochter KIA schon vor der IAA als "gefährlichsten Wettbewerber" und "härtesten Rivalen" genannt.

Ford will Mondeo zu einer neuen Generation seines Modells gestalten. Das erstmals größtenteils in den USA entwickelte Mittelklasse-Konzept soll 2013 in Serie gehen.

Toyota bot mit Yaris einen Kleinwagen auch mit Hybridantrieb an. Der Japaner feierte in Frankfurt übrigens seinen 40. Geburtstag auf dem deutschen Markt. Von Mini war ein schnittiges zweisitziges Coupé mit schräger Front - als auch Heckscheibe zu sehen.

Dass man im Konkurrenzkampf auch auf der Strecke bleiben kann, zeigte sich am Fehlen von Saab. Zwei Jahre kämpfte nicht nur der Hersteller der schwedischen Kultmarke, sondern auch die Beschäftigten in Trollhättan um ihre Arbeitsplätze, ja sogar um ausbleibende Lohnzahlungen, Zulieferer um die Bezahlung ihrer Rechnungen, Händler um nicht eingehaltene Lieferungen. Von Insidern war zu hören, dass der Mutterkonzern GM letzten Endes den Schweden am ausgestreckten Arm habe verhungern lassen. Das Unternehmen sei regelrecht ausgeschlachtet worden. Wichtige Lizenzen gingen an den chinesischen Konzern BAIC, die traditionelle Marke und das Hauptwerk in Trollhättan kaufte der niederländische Sportwagenproduzent Spyker auf. Ganz sicher soll das Ende von Saab noch nicht sein. Während das Insolvenzverfahren noch läuft, soll der Schwede noch immer um eine gewisse Fortexistenz ringen und dabei auf China setzen.


Bis 2020 eine Million deutsche E-Fahrzeuge

Breiten Raum nimmt dieses Jahr die Vorstellung von Elektroautos ein. Deutschland soll oder will nach den Intentionen der Produzenten bis 2020 auch in diesem Sektor als Leitmarkt weltweit führender Anbieter der die Umwelt schonenden Fahrzeuge werden. Die besten Chancen werden VW, BMW, Daimler und Opel eingeräumt. Daimler und der weltgrößte Zulieferer Bosch sind dabei, in einem gemeinsamen Tochterunternehmen "EM-Motive" mit der Produktion von Elektromotoren zu beginnen. Viel war dazu nicht zu erfahren, wohl auch, weil noch die Zustimmung der Kartellbehörde fehlt. der Hauptsitz des Unternehmens und die Produktion sollen nach Hildesheim/Niedersachen gehen. Wenn sie auch noch nicht das Bild der Fahrzeugwelt prägen, sind doch Elektromobile wie die Serienwagen Prius von Toyota, Smarts und Minis, im Vorstadium der Citroen C-zero schon öfter anzutreffen. Volvo stellte E-Busse und kleinere E-Spezialfahrzeuge vor.

Wir haben uns etwas näher bei Smart umgesehen. Das Unternehmen stellte die dritte Generation des Elektrokleinwagens Fortwo Electric Drive vor, der seine Weltpremiere erlebte. Während die ersten beiden Generationen nur als Testfahrzeuge unterwegs waren, soll die jetzige Version, ein Zweisitzer, ab 2012 nunmehr massentauglich in den Handel kommen. Auf über 30 Märkten will Smart 10.000 Modelle verkaufen.

Die Pressemappe mit DVD-Vorstellung gibt Auskunft: Der E-Wagen hat auf der Hinterachse einen 55 kW und 130 Nm starken Permanentmagnetmotor, der erstes Produkt aus dem gemeinsam mit Bosch gegründeten Joint Venture EM-Motive ist. Noch unter 13 Sekunden soll er das Gefährt von null auf 100 km/h beschleunigen und dann eine Höchstgeschwindigkeit über 120 km/h erreichen. Seine Energie zieht der E-Motor aus einer 17,6 kWh starken Lithium-Ionen-Batterie, welche die Accumotive, ein Joint-Venture zwischen Daimler und dem Essener Evonik-Konzern, liefert. Eine Akkuladung soll für eine Reichweite von über 140 Kilometer reichen. Nachgeladen werden kann an jeder herkömmlichen Steckdose. Die Ladezeit beträgt allerdings immer noch acht Stunden, soll aber durch Schnellladung auf eine Stunde gesenkt werden können. Das Fahrzeug soll zu einem nicht näher bezeichneten "attraktiven Preis" zu haben sein, die Batterie könne für eine monatliche Gebühr gemietet werden. Der neue Smart Fortwo Electric Drive wird als Coupé - wahlweise mit Glasdach - und als Cabrio angeboten.


Wie steht es um die Emissionsfreiheit der E-Fahrzeuge

Manche Vorstellung wollte den Eindruck vermitteln, dass es in zehn Jahren tatsächlich schon möglich sei, sich von Stadt zu Stadt im strombetriebenen Auto fortzubewegen. Keine, zumindest aussagekräftigen Antworten gab es auf die Frage, wie die Umweltverschmutzung beseitigt oder zumindest verringert und nicht nur von den befahrenen Strassen dorthin verlagert wird, wo weiterhin der Strom erzeugt werden muss. Denn bekanntlich geht es dabei um die Emissionsfreiheit der Fahrzeuge. Nur wenn die verwendete Energie aus regenerativen Energiequellen stammt (Wind, Solarthermie Photovoltaik u. ä.) laufen solche E-Fahrzeuge wirklich ohne Schadstoffe. Andernfalls wird die Schadstoffproduktion lediglich aus dem Straßenverkehr in den Bereich der Energieerzeugung verschoben, wo der Strom heute noch vorwiegend in Wärmekraftwerken erzeugt wird, die mit Kohle oder Öl betrieben werden. In Frankreich, wo der größte Teil der Elektrizität in AKWs erzeugt wird, besteht die Gefahr, dass die Zunahme von E-Autos zum Beharren auf und zum Ausbau der AKWs führen wird. Die Am Tag vor Messebeginn bei Avignon stattgefundene Explosion auf dem Gelände eines AKW dürfte aber auch in Frankreich die Forderungen nach Abschaltung dieser risikobehafteten Energiequellen wieder neue entfachen. Die "Berliner Zeitung" setzte hier kritische Akzente und schrieb: "es müsse "ernsthaft die Frage nach der Umweltfreundlichkeit gestellt werden", doch "Autobauer und Politiker bleiben den Bürgern die Antwort schuldig."

Dann ist zentraler Punkt in der Entwicklung von Elektroautos die Kapazität der Energiespeicher. Erst durch leistungsfähige Energiespeicher mit einer hohen Energiedichte können Elektroautos Reichweiten erzielen, die denen von Verbrennungsmotoren angetriebenen Autos ebenbürtig sind. Reichweiten von bis zu 500 km werden nach heutigem Stand als realisierbar gesehen. Hier spielen die Akkumulatoren, Brennstoffzellen, Kondensatoren oder Hybridantrieb hinein, aber auch die Stromtankstellendichte und die Ladezeiten. Der Markt für Elektroautos war jedoch entgegen der Aufmerksamkeit der Medien bisher noch recht klein. Bei insgesamt 3,8 Millionen Neuzulassungen 2009 wurden nur 162 Elektroautos neu in den Verkehr gebracht. Ende 2010 waren es in Deutschland 2291. Ferner waren 37.256 Hybrid-Fahrzeuge registriert. Derzeit werden Elektrofahrzeuge meist auch noch in Handarbeit hergestellt. Die Preise liegen durchschnittlich 10.000 Euro über denen der herkömmlich angetriebenen Fahrzeuge.

Das soll sich nun ändern. Die Autoindustrie setzt bei Erreichung der CO2-Ziele auf massive staatliche Förderung. In Deutschland soll laut eines Beschlusses der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 bis 2020 eine Million Elektroautos fahren. Dieses Vorhaben hat die Regierung im Mai 2011 bekräftigt und stellte ab 2012 eine noch stärkere Förderung in Aussicht. Dennoch bleibt es fraglich, ob die ehrgeizigen Ziele den Ansprüchen, die an ein Auto, was Leistung, Reichweite, Bequemlichkeit und Sicherheit angeht, in den nächsten Jahren entsprechen können.

Auf dem internationalen Automarkt wird China wie bereits bisher auch bei E-Fahrzeugen als ein aufnahmefähiges Absatzgebiet gesehen. Bereits 2009 soll die Regierung in Peking lt. "New York Times" konzipiert haben, binnen drei Jahren zum Weltmarktführer in der Produktion von teilweise und gänzlich mit Elektroenergie betriebenen Kraftfahrzeugen zu werden.


125 Jahre Autogeschichte

Natürlich wurde der 125. Jahrestag der Geburt des Automobils gebührend gewürdigt. War doch Deutschland das Geburtsland, wo der Pionier der Branche Carl Benz als erster ein entwicklungsfähiges Kraftfahrzeug entwickelte. Der Antrieb erfolgte durch einen liegenden Einzylinder-Viertaktmotor mit elektrischer Zündung, Oberflächenvergaser und Wasserkühlung. Das erste Automobil ging auf die Fahrradfertigung zurück. Die Räder, die Vollgummireifen, Speichen, Lager, die Vorderradgabel und die Rahmenrohre stammten alle aus dem Fahrradbau. Der Motor leistete knapp 1 PS und brachte den Wagen, der 265 Kg wog, auf 16 km/h. Gestartet wurde das erste Auto durch drehen des Schwungrades. Am 3. Juli 1886 stellte der Konstrukteur sein Dreiradauto der Öffentlichkeit vor. Trotz guten Echos in der Presse fand der Motorwagen, als der er patentiert wurde, zunächst keinen Anklang. Erst mit der Präsentation 1889 auf der Pariser Weltausstellung gelang die Wende. Dazu trug wesentlich Henry Ford bei, der dem neuen Verkehrsmittel durch die Fließbandproduktion zum Durchbruch verhalf.

Einen Platz in der ersten Reihe der Autopioniere kann auch FIAT beanspruchen. Wenn auch etwas verspätet, was sich aus der relativ spät einsetzenden industriellen Entwicklung ergab, wurde am 11. Juli 1899 in Turin die Società Anonima Fabrica Italiana Automobili di Turino FIAT (so die Abkürzung des langen Firmennamens) gegründet. Zu denen, die ihre Urkunde unter den Vertrag setzten, gehörte der Sohn eines vermögenden Grundbesitzers und Offizier der sabaudischen Kavallerie Giovanni Agnelli, Großvater des 2003 verstorbenen FIAT-Chefs, der schon bald zum beherrschenden und dann auch Besitzer des Unternehmens aufstieg. Schon Ende 1899 verließ das erste italienische Auto das Turiner Werk. In rasantem Tempo dehnte sich FIAT über Norditalien aus und exportierte schon bald seine ersten Autos ins Renault-Land Frankreich. Nach dem Ersten Weltkrieg schloss der Turiner in der Automobilbranche zu den Firmen auf, die Europa- und weltweit die Produktion bestimmten.

Auf einer Sonderschau stellte der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) mit dem VDA und dem ADAC exklusive Oldtimer aus den 125 Jahren Automobilgeschichte vor. Auf etwa 1000 Quadratmetern waren 18 Juwele zu sehen, darunter ein Koco-Kleinwagen von 1923 mit Boxermotor.


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Quelle:
© 2011 by Irene und Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2011